Jörn Leogrande, ehemaliger Wirecard-Manager, gibt in seinem Enthüllungsbuch “Bad Company” Einblicke in seine Zeit bei dem Unternehmen Wirecard. Das Werk vermittelt eine Innenansicht des DAX-Konzerns und dessen Machenschaften.

Wirecard ist ohne Frage ein Konzern, dessen turbulente Geschichte um die ganze Welt ging. Von außen gibt es zahlreiche Ansichten über das Unternehmen. Doch jetzt ist der wohl größte Skandal der ganzen Geschichte des deutschen DAX um eine Innenperspektive reicher: Jörn Leogrande hat seine Erlebnisse während seiner Karriere bei Wirecard verschriftlicht und nun stellt er diese Niederschrift der Öffentlichkeit in seinem Buch “Bad Company: Meine denkwürdige Karriere bei der Wirecard AG” zur Verfügung.

Das Buch schildert unter anderem Leograndes Erfahrungen mit etwaigen Wirecard-Schlüsselfiguren und könnte unter Umständen die Frage beantworten, wie es möglich ist, dass das ehemalige Vorzeigeunternehmen einen so rasanten Absturz erleben konnte. Zu den größten Unklarheiten über Wirecard gehört dessen Geschäftsmodell. Auch dazu äußert sich Leogrande in seiner Veröffentlichung und beschreibt die Geschäftspraktiken des Führungsmanagements von Wirecard.

Leogrande selbst begann zuerst als Marketingleiter bei der Wirecard AG. Das war vor mehreren Jahren, als Wirecard noch ein eher unbekannteres Unternehmen war. Sein rasanter Karriereaufstieg ließ ihn letztendlich die Position des Chefs der globalen Innovationsabteilung von Wirecard im Jahr 2017 einnehmen. Leogrande berichtete in dieser Zeit direkt an seinen Vorgesetzten und Wirecard CEO Markus Braun und arbeitete sehr nah mit COO Jan Marsalek zusammen. Leogrande war insgesamt fast 15 Jahre bei dem Skandalunternehmen in der Nähe von München tätig. 

Fragwürdiges Geschäftsmodell

Als Wirecard noch in den Kinderschuhen steckte, sollen laut Leogrande die Abwicklungen von Zahlungstransaktionen aus den Bereichen Glücksspiel und Pornografie das eigentliche Geschäftsmodell umrissen haben. Zu diesem zwar nicht illegalen, aber definitiv etwas anrüchigen Nachgeschmack des Geschäftsmodells kommt noch, dass Wirecard sich in die Zone von High-Risk-Geschäften begeben hatte. Und das durch Chargebacks, zu Deutsch Rückabwicklungen von Zahlungen.

Leogrande beschreibt diese Tatsache mit einem Beispiel in seinem Buch so, dass ein Kunde, der im Glücksspiel eine hohe Summe an Geld verloren hat, ganz einfach behaupten konnte, dass er die Kreditkarten-Transaktion nicht selbst durchgeführt habe und so die Zahlung zurückziehbar war. Solche Chargeback-Aktionen standen, ebenfalls laut Leogrande, auf Wirecards täglicher Agenda. 

Die Konsequenz von Chargebacks, die einfach zu hoch werden, sind Strafzahlungen seitens der Kreditkartenanbieter. Strafen in Millionenhöhe sollen an Mastercard und Visa gegangen sein.

Unerlaubtes Glücksspiel soll auch eine der Problematiken des Geschäfts von Wirecard gewesen sein: Weil sich in den USA, wo das Spielen von Onlinepoker als illegal eingestuft ist, Zahlungsanbieter nach Optionen umgesehen haben, um eine mit Onlinepoker in Verbindung stehende Transaktion zu tarnen, habe Wirecard auch solche Zahlungsabwicklungen übernommen. Die Einzahlungen von US-Onlinepokerspielern wurden unauffällig über erfundene Blumenläden verschleiert, sodass auf den Abrechnungen der Kreditkarten keine negativ auffallenden Transaktionen erschienen. 

Wirecard selbst habe sich in dieser Sache nur als Dienstleister für den technischen Service gesehen, bei dem lediglich die Abwicklung der Zahlungen geleistet wurde. 

Solche Aktionen waren bis zum Jahr 2006 möglich, als die Regierung unter dem damaligen US-Präsidenten George W. Bush den “Unlawful Internet Gambling Enforcement Act” (UIGEA), also eine striktere Version der bisher geltenden Glücksspielgesetze, eingeleitet hat. Mit dem UIGEA gingen harte Strafen, unter anderem bis zu fünf Jahre Haft für das Anbieten von Zahlungen, die in Verbindung mit illegalem Glücksspiel stehen, einher. 

Ab nach Dubai mit Glücksspiel und Pornografie 

Das Geschäft mit dem Glücksspiel und der Pornografie sei mit der Zeit zu risikoreich für Wirecard geworden und wurde deshalb ins Ausland nach Dubai verlagert. Ziel war es, dass weder Glücksspiel noch Pornografie mit Wirecard in Verbindung gebracht werden können.

Seit 2016 wurden diese beiden “Geschäftszweige” von Oliver B. in Dubai geführt und das Konzept der Third-Party-Geschäfte war geboren, das eigenständig von dem Kerngeschäft und der Organisation Wirecard geleitet wurde. In Dubai hat Wirecard als outgesourcter Zahlungsabwickler für Finanzdienstleister aus dem Ausland gehandelt. Hätte Wirecard diese Geschäftsbereiche nicht nach Dubai verlagert, so hätte es dem Unternehmensimage wohl geschadet, mit dem Thema Adult Entertainment und Glücksspiel in Verbindung gebracht zu werden.

Auf die Person Oliver B. wird in “Bad Company” auch genauer eingegangen: Neben seiner Funktion als Leiter der Geschäfte in Dubai war er unter anderem dafür bekannt, dass er auf seinem 24-Zoll-Monitor im Büro den Ego-Shooter “Call of Duty” mehr als nur einmal gezockt hat und er sich sehr ausländerfeindlich gezeigt hat. 

Mit “Bad Company” gewährt Leogrande definitiv Einsicht in die Dynamiken von Wirecard und dessen Kunst der Verschleierung seiner Praktiken. 

Quelle Titelbild: https://pixabay.com/de/photos/verwischen-verschwommen-buch-1283865/

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