In einer dritten Änderung des Glücksspielstaatsvertrages möchte Niedersachsen jetzt die Beschränkung der Online Glücksspiellizenzen für Sportwetten aufheben – damit sollen Sportwetten im Internet in Deutschland endlich reguliert werden. Die Unterzeichnung der Änderung ist unmittelbar nach der Ministerpräsidentenkonferenz am 21. März 2019 angedacht.

Am 26. Februar 2019 hatte die niedersächsische Landesregierung in der Kabinettssitzung den Entwurf für eine dritte Änderung des Glücksspielstaatsvertrages zur Kenntnis genommen. Über die Änderungen wird man nun erst einmal den niedersächsischen Landtag informieren.

Das Ende der Experimentierklausel in Sachen Sportwetten war zum 30.06.2019 geplant. Danach würde formal das staatliche Sportwettenmonopol greifen, auch wenn das Glücksspielmonopol in Deutschland bereits von einigen Experten in Frage gestellt wurde.

Der Glücksspielstaatsvertrag ist veraltet

Flagge von Niedersachsen

Seit 2008 muss man sich nun immer wieder mit dem aktuellen Glücksspielstaatsvertrag auseinandersetzen. Die Ziele des Vertrages sehen dabei die Minimierung von Spiel- und Wettsucht vor. Im besten Falle sollten diese negativen Folgen vom Glücksspiel ganz verhindert werden. Dafür soll das Glücksspielangebot begrenzt und illegalen Anbietern (ohne Konzession) das Handwerk gelegt werden. Kinder- und Jugendschutz war ebenfalls ein wichtiges Thema. Eigentlich sollte das Gesetz zuverlässige Rahmenbedingungen für das Glücksspiel schaffen.

2012 wurde die erste Änderung des Glücksspielstaatsvertrages beschlossen. Dort waren 20 Konzessionen für Online Sportwetten vorgesehen, die das Land Hessen vergeben durfte. 15 Bundesländer waren mit der Regelung zufrieden, die Ausnahme war Schleswig-Holstein. Das norddeutsche Bundesland hatte in der Folge beschlossen, dass man eigene Lizenzen vergibt. Die Schleswig-Holstein-Lizenzen waren bis Anfang des Jahres aktiv, derzeit versucht man, neue praktikable Lösungen auf Bundesebene für das Online Glücksspiel zu finden.

Schleswig-Holstein hatte aber bereits angekündigt, wieder einen Alleingang gehen zu wollen, wenn bis Ende März 2019 keine vernünftige Lösung gefunden wurde, die Online Casinos und Sportwetten mit abdecken.

Im restlichen Deutschland kam es in Sachen Regulierung zum Stillstand, was das Online Glücksspiel angeht. Hessen hatte ebenfalls 20 Lizenzen an private Sportwettenanbieter aus dem Ausland verteilt. Abgelehnte Unternehmen wie Tipico hatten jedoch gegen das Vergabeverfahren geklagt und letztlich recht bekommen. Bis jetzt gibt es keine vernünftige Lösung für die Vergabe von Online Glücksspiellizenzen.

Die Anbieter dürfen vorerst ihre Dienste anbieten und werden aufgrund der europäischen Dienstleistungsfreiheit geduldet. 5 % Wettsteuer müssen die Buchmacher seit 2012 von den Gewinnen abführen, neben der Mehrwertsteuer von 19 % auf den Einsätzen.

Änderungsvertrag ist schon einmal gescheitert

2017 sollte eigentlich ein zweiter Glücksspieländerungsstaatsvertrag in Kraft treten. Mitte März 2017 hatten die Ministerpräsidenten beschlossen, dass es 35 Online Sportwettenlizenzen ab 2018 für Deutschland geben sollte. Online Casinos und Online Poker sowie Live-Wetten wurden wiederum nicht bedacht.

Zwar wurde der zweite Glücksspieländerungsstaatsvertrag von den Ministerpräsidenten der 16 Bundesländer unterzeichnet, die 16 Landesregierungen hätten jedoch das Gesetz ebenfalls ratifizieren müssen. Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen lehnten es ab. Sie wollten eine vernünftige Regulierung und Liberalisierung des Online Glücksspielmarktes.

Das Büro des NRW-Ministerpräsidenten Armin Laschet (CDU) begründete damals das Vorgehen wie folgt:

Nordrhein-Westfalen will sich nun bemühen, in einer neuen Gesetzesinitiative alle Länder dazu zu gewinnen, eine rechtlich stabile Grundlage zu schaffen. Dadurch sollen der Spieler- und Jugendschutz und der Verwaltungsvollzug effektiv umgesetzt werden können. Zugleich soll das Gesetz weiterentwickelt und auch eine sichere Grundlage für die Tätigkeit von Glücksspielanbietern geschaffen werden.

Niedersachsen hatte kostbare Zeit verschwendet

Etwas kurios war damals, dass der Landtag in Niedersachsen unter Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) noch über den zweiten Glücksspieländerungsvertrag diskutiert und ihn zur Abstimmung gebracht hat. Es war bereits klar, dass Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen ihn nicht ratifizieren würden. Somit ist auch diese Änderung des Glücksspielstaatsvertrages formal gescheitert gewesen. Christian Grascha, parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Fraktion in Niedersachsen, fasste das ganze Thema wie folgt zusammen:

Dass sich der Niedersächsische Landtag damit noch beschäftigt, ist Zeitverschwendung und ein reines Schauspiel.[...]

Deutschland braucht endlich eine vernünftige Regulierung des Glücksspiels. Der Online-Schwarzmarkt wächst von Jahr zu Jahr mit zweistelligen Raten. Mit einer Regulierung kann wirksam Suchtprävention und ein besserer Spielerschutz gewährleistet werden. Außerdem kann der Staat nach Expertenschätzung mit ca. 1,3 Milliarden Euro Steuermehreinnahmen rechnen. Wir fordern deshalb den Ministerpräsidenten auf, endlich mit seinen Länderkollegen tätig zu werden, anstatt den Landtag mit unsinnigen Gesetzen zu beschäftigen.

Was ist neu in der dritten Glücksspielstaatsvertragsänderung?

In einer Pressemitteilung der Niedersächsischen Staatskanzlei vom 26. Februar 2019 heißt es jetzt, dass die dritte Änderung die punktuellen Regelungen enthält, um zumindest im Bereich der Sportwetten eine Regulierung auf den Weg zu bringen. Die Experimentierphase soll bis zum Ende des Staatsvertrages am 30. Juni 2021 ausgeweitet werden. Die Beschränkung der Konzessionen soll komplett aufgehoben werden. Dadurch entfalle die Notwendigkeit der Neugestaltung des Vergabeverfahrens. An der Vergabe ist man beim letzten Mal vor den Gerichten gescheitert.

Für die Vergabe der Konzessionen ist weiterhin das hessische Ministerium des Inneren und für Sport. Der Einfluss der anderen Bundesländer wird über das Glücksspielkollegium gewährleistet.

Man geht davon aus, dass der dritte Glücksspieländerungsstaatsvertrag nach der Ministerpräsidentenkonferenz am 21. März 2019 unterzeichnet wird. Dann muss das Gesetz aber wiederum durch die Landtage der Bundesländer, damit es ratifiziert wird.

Große Spannungen bei den verhandelnden Parteien

Bereits Mitte letzten Jahres hieß es, dass Nathanael Liminski (33) von der CDU und Christian Gaebler (54) von der SPD die Aufgabe haben, einen neuen Glücksspielstaatsvertrag auszuarbeiten. Liminski gilt dabei als enger Vertrauter des Ministerpräsidenten Armin Laschet. Seine Staatskanzlei in Nordrhein-Westfalen führt die unionsgeführten Bundesländer an. Gaebler steht der Berliner Staatskanzlei vor und führt die SPD-regierten Länder.

Größtes Problem ist immer noch die Regulierung von Online Casinos und Sportwetten. Grüne, FDP und CDU haben sich inzwischen für eine Regulierung ausgesprochen. Die SPD hält immer noch am Staatsmonopol fest. Liminski hatte die derzeitige Situation bereits in der Vergangenheit wie folgt ausgedrückt:

Es geht um fünf großen Themen. Diese sind neben den Sportwetten und Online-Casinos eine zentrale Genehmigungsbehörde, ein Sperrsystem für suchtgefährdete Spieler und die Frage, ob und wenn ja wie, das staatliche Lotteriemonopol gestärkt werden soll.

Kann die Änderung des Gesetzes Erfolg haben?

Niedersachsens Vorstoß in allen Ehren, dennoch sollte man nicht an den großen Wurf glauben. Wenn die Ministerpräsidenten in der nächsten Versammlung nicht Online Casinos, Poker und Live-Wetten mit in den Glücksspielvertrag aufnehmen, wird es wohl wiederum keine Einigung geben. Andernfalls könnte sie auch an den Landesregierungen von Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen, Bayern oder Baden-Württemberg scheitern – wie es schon einmal der Fall war.

Bis auf den Wegfall der Begrenzung im Bereich Sportwetten gibt es mit der Änderung bisher auf den ersten Blick keine wesentlichen Verbesserungen oder neue Regulierungen. Somit wird sich zumindest kurz- und mittelfristig nicht viel ändern. Was nach 2021 der Fall ist, bleibt abzuwarten.

Insgesamt scheinen einige Landesregierungen bereits begriffen zu haben, dass man Online Glücksspiel nicht mehr verbieten kann. Letztlich sollte man nun über eine vernünftige Regulierung nachdenken, wie es bereits in Großbritannien seit Jahren der Fall ist. Alternativ könnte man sich auch ein Beispiel an Schweden nehmen.

Die Regulierungsbehörde hatte vor kurzem erst gezeigt, dass man sich nicht alles von den Glücksspielbetreibern bieten lässt. Durch die Restriktionen beim Bonus und das einheitliche Sperrsystem in dem skandinavischen Land kann man auch sehen, dass im Internet die Einhaltung von Spielerschutzstandards möglich ist – die Voraussetzungen müssen nur geschaffen und dann auch kontrolliert werden. Vielleicht nimmt sich Deutschland endlich einmal ein Beispiel an anderen EU-Ländern in Sachen Glücksspiel.

Bildquelle: Fotolia - 219163627 - Hannover, Landtagsgebäude © pure-life-pictures; 158908164 - Lower Saxony flag with grunge metal texture © Onur

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