Letzte Woche hat mir Matthias eine (aus seiner Sicht ganz spannende) Fernseh-Dokumentation über Spielhallen und Geldspielgeräte zugeschickt. Ich habe mir die Doku einmal angesehen – einige Informationen waren recht interessant, aber einige Fakten wurden ebenfalls recht einseitig dargestellt.

Die Dokumentation wurde 2016 produziert und wird derzeit online über den Kanal von Welt TV als neu angepriesen. Für die Produktion war die tellvision Film und Fernsehproduktion Nihat Bultan verantwortlich. Das Unternehmen wurde 2003 gegründet und macht verschiedene Dokumentationen und Dokutainment-Formate für Sender wie ZDF, BR, Servus TV, ZDFneo, ProSieben, Sat1, Kabel1, RTL, n-tv und VOX. Unter anderem erstellt man Beiträge für Galileo, Sat.1 Reportage, Abenteuer Leben oder auch stern TV-Reportage.

Auf YouTube gab es von den Nutzern viel Kritik – es wurde als eine Werbesendung für Spielautomaten und Spielhallen verschrien. Hier ein Beispiel eines Kommentars:

Jau, und sonst gehts Euch gut? Wie wärs mit ner Doku über die vielen Vorzüge von Heroin oder Crack?

 

Ich muss gestehen, dass ich die Sendung selbst eher uninteressant fand und nur durch gutes Zureden von Daniel und Matthias sie mir überhaupt komplett angesehen habe. Einige Informationen waren dennoch interessant, andere Darstellungen fand ich jedoch recht merkwürdig.

Spielautomatensammler als Einstieg

Alte Merkur AutomatenZunächst werden Spielautomatensammler gezeigt, die Novostar-, Bally Wulff- oder auch ältere mechanische Automaten sammeln. Die besten Plattformen für die Sammler sind immer noch eBay und eBay Kleinanzeigen, um alte Spielautomaten zu finden. Teilweise dienen die Geldspielgeräte als Heizungsersatz in den Räumen, was einmal mehr zeigt, was für eine Energieverschwendung Spielautomaten eigentlich sind.

Die Sammler sind erfinderisch. Das Problem ist, dass man keine Ersatzteile mehr für alte Automaten erhält. Die Sammler müssen demnach alte Automaten ausschlachten, die Walzen, Steuereinheiten, Platinen und Recheneinheiten aufbewahren, in der Hoffnung, dass sie die Teile irgendwann wiederverwenden können.

Ein Automatentechniker beschreibt ebenfalls, dass ihn die alten Automaten an seine Jugendzeit erinnern. Früher habe man mit Freunden in Imbissen oder Bars abgehangen und dabei auch ein paar Mark an den Daddelautomaten verspielt.

Die Produktion von Spielautomaten bei der Firma Gauselmann

Von den alten Automaten und den Ersatzteilen geht es nach Lübbecke im Nordosten von Nordrhein-Westfalen. Die Firma Gauselmann hat dort einen Produktionsstandort und stellt die Automaten der Marke Merkur her.

Dr. Werner Schroer ist Chefentwickler der adp Gauselmann GmbH. Er erklärt, dass von den alten Spielautomaten nur das Prinzip der Walzen geblieben sei, ansonsten handele es sich um Hochleistungsrechner.

Wenn man Videospiele hat, kann man ganz andere mathematische Modelle realisieren, als es früher bei den mechanischen Walzenmodellen möglich war.

Mathematisches Konzept als Basis für ein Spiel

Wichtigster Bestandteil der Spielautomaten ist die Mathematik. Es gibt verschiedene Symbole mit unterschiedlichen Wertigkeiten. Je höher die Wertigkeit, desto seltener erscheint das Symbol auf den Walzen.

Außerdem gibt es weitere Wahrscheinlichkeitsvorgaben für Wilds, Scatter, Trigger- und Mystery-Features. Die theoretischen Häufigkeiten der einzelnen Ereignisse sind auf lange Sicht bekannt. Edgar Rensinghoff ist Diplom-Mathematiker bei der adp Gauselmann GmbH. Er erklärt, dass vor allem die Verteilung der Symbole auf den Walzen für die Gewinnwahrscheinlichkeiten ausschlaggebend sei.

Abhängig davon, wie wir die Symbole jetzt auf den Walzen verteilen, bekommen wir unterschiedliche Ergebnisse heraus. Und diese Verteilung – das sind die Stellschrauben im Prinzip. Wir können sagen, wir geben mehr von der einen Art von Symbolen oder mehr von der anderen Art, wir geben ein bisschen höhere Gewinne bei bestimmten Symbolen und das ist die Grundlage für das gesamte Spiel.

Die Auszahlungsquoten der Spielautomaten sind also auf lange Sicht festgeschrieben, was nicht überraschend ist. Letztlich hatte das bereits Daniel vor Jahren in den Ratgebern erklärt. An dieser Stelle sollten die Titel: „Wie Spielautomaten technisch funktionieren: Einfach erklärt“ und „Auszahlungsquote bei Spielautomaten erklärt“ erwähnt werden.

Design – vom Entwurf zur farbigen Ausarbeitung mit allen Details

Nach der Mathematik soll das eigentliche Thema des Slots folgen. Am Beispiel von dem Merkur-Slot „Odin“ wird gezeigt, wie sich eine Grafikerin erste Gedanken zu den Symbolen durch erste Skizzen macht. Dann folgt die Ausarbeitung in Farbe. Teilweise kommen erst dann die richtigen Details hinzu. Historie, Abenteuer im Zusammenspiel mit Comicfiguren und Hollywood-Elementen würden am besten beim Design gehen. Wichtig ist bei allen Entwürfen, dass man das Thema weltweit nutzen kann. Rund 50 % der Entwürfe würden es bis zur Marktreife schaffen.

Eye of Horus mit ägyptischen Symbolen wird als eines der erfolgreichsten Spiele dargestellt. In Asien, Afrika, Europa, Südamerika und den USA würden ägyptische Symbole als besonders positiv angesehen. Delphin-Spiele würden ebenfalls immer gehen. Religiöse Themen sollten weitestgehend vermieden werden, da sie in bestimmten Regionen Probleme bereiten könnten.

Sounds – die akustische Visitenkarte

Danach müssen die Sounddesigner gute Melodien kreieren. Einfache Melodien mit ausschweifenden Sounds sollen am besten gehen. Komponisten machen sich Gedanken zu den Gewinnmelodien und der Hintergrundmusik. Die Sounds sind insofern wichtig, da sie anlocken und neugierig machen sollen. Außerdem müssen sie so gewählt sein, dass auch große Gewinne alle Spieler in einer Spielhalle anziehen.

In der Vergangenheit hatte uns Bally Wulff erzählt, dass es ein großes Problem ihrer Automaten war, dass ihre Sounds von den Betreibern der Spielhallen leiser gedreht wurden, damit Big Wins eher untergehen und die Platzhirsche Novoline und Merkur ihre Games besser darstellen können. Als Konsequenz kann man bei neuen Bally Wulff Spielautomaten die Lautstärke nicht mehr regulieren, sie ist fest eingestellt.

Norman Trindt ist Sounddesigner. Er beschrieb die Rolle der Sounds wie folgt:

Wenn jemand natürlich einen großen Gewinn hat und man das hört. Das ist was ganz Besonderes, das kommt nicht so oft vor und derjenige, der am Gerät sitzt, freut sich natürlich auch und hat dann natürlich auch gleich mehrere Leute um sich, die ihm dann Glück wünschen.

Programmierer setzen den Spielautomaten um, Tests folgen

Wenn Mathematik, Sounds, Design und Thema festgelegt sind, müssen Programmierer die Spielautomaten umsetzen und an die Erfordernisse der jeweiligen Länder und deren Glücksspielgesetze anpassen.

In der Doku wird gesagt, dass ein Spieler in Deutschland nur 60 € verlieren dürfe. Das ist nur teilweise richtig, da die Vorgabe nur für Spielhallen gilt. In Spielbanken kann man weit mehr als 60 € in der Stunde verdaddeln.

Nach der Umsetzung folgt ein Testlauf, der aus 100 Millionen Einzelspielen besteht. Die Analyse soll ergeben, ob die errechneten Gewinnwahrscheinlichkeiten in der Praxis auch statistisch erreicht werden. Auf lange Sicht gewinnt demnach immer der Automat, lediglich kurzfristig ist das Glücksspiel nicht steuerbar für die Automatenhersteller. Man kann es auch nicht vorhersagen.

Die Roulette-Kugel weiß auch nicht, war ich das letzte Mal in Rot, war ich in Schwarz, oder war ich vielleicht sogar in Grün. Das weiß eine Roulette-Kugel nicht und hier weiß das Spiel genauso wenig im Endeffekt, wo es war und jedes Ergebnis ist unabhängig von dem davor.

Die M-Box als Flaggschiff von Merkur

Bei der Entwicklung der M-Box war das Fraunhofer-Institut beteiligt. Das Ziel ist es dabei, dem Spieler die für ihn wichtigen Inhalte, einen ergonomischen Sitz und das Gefühl der totalen Kontrolle des Spiels zu geben. Am wichtigsten sei am Ende das Spiel selbst direkt vor dem Spieler, die Gewinntabelle über ihm und im unteren Bereich Geldeingabe und Geldausgabe sowie die Tasten direkt in seiner Nähe.

4.940 Einzelteile, 530 Schrauben und 234 Meter Kabel umfasst ein Spielautomat von Merkur. Die Kosten für eine M-Box betragen rund 12.000 €, wenn man diese neu erwerben möchte. Die meisten Gastronomen nutzen jedoch Verträge auf Provisionsbasis für die Aufstellung der Automaten. Bis zu 2.000 Spielautomaten können pro Woche hergestellt werden. Die Software der Automaten umfasst circa 60 Spiele.

Die Darstellung von Spielhallen in der Dokumentation

Typisch deutsche SpielhalleEine hessische Spielhalle wird gezeigt. Wie in eigentlich allen Spielotheken in Deutschland muss man beim Eingang kurz seinen Ausweis vorzeigen. Es wird betont, dass es in Hessen eine zentrale Sperrdatei für Spielhallen gibt. Jeder Besucher muss mit der Sperrdatei abgeglichen werden. Es wird dabei nicht erwähnt, dass die Sperrdatei nur in Hessen gilt und Spieler in den anderen 15 Bundesländern keine Chancen haben, sich im Bundesland bei allen Spielhallen sperren zu lassen.

Deutschlandweit ist eine Sperre zudem nur in Spielbanken möglich, die Sperrdatei von Spielbanken ist jedoch nicht die gleiche wie in Spielhallen.

In der Dokumentation wird außerdem eine Spielhalle mit Mehrfachkonzession gezeigt. Es handelt sich um 3 Spielhallen mit jeweils 12 Geldspielgeräten an einem Standort. Eigentlich sind nach den neuen Abstandsregeln solche Spielhallen nicht mehr zulässig. Sofern die Aufnahmen aktuell sind, zeigt es einmal mehr, dass die Spielhallenschließungen immer noch nicht durchgesetzt wurden.

Andreas Braun wird als Besitzer einer Spielhalle vorgestellt, der 43-jährige hat angeblich vor 20 Jahren die Spielothek von den Eltern übernommen. Er beschreibt, wie er Kunden binden möchte. Der Wohlfühleffekt sei dafür besonders wichtig. Farben und Licht seien wichtig, daher haben sie dimmbares oder indirektes Licht. Es werden Nischen geschaffen, damit die Spieler intimere Momente und Ruhe haben. Daneben gibt es größere Räume, wo es freizügiger zugehen kann. Eine gute Spielhalle bietet einen guten Mix für unterschiedliche Spieler.

Das eigentliche Glücksspiel bei den Automaten

Bei der Dokumentation wird das eigentliche Walzenspiel als Glücksspiel beschrieben. Man geht zwar teilweise auf den Umbuchungsprozess in Spielhallen ein, aber die Tricks der Spielautomatenhersteller werden verschwiegen. Um den neuen Technischen Richtlinien 5.0 zu entsprechen, hatten diese den Umbuchungsprozess von Geld in Punkte (oder Ähnliches) als Spiel bezeichnet. Durch den Wegfall der Autostartfunktion muss der Spieler das Geld jetzt auch selbst umbuchen. Es handelt sich um einen Grund, warum selbst Glücksspielbetreiber sagen, dass die Geldspielgeräte in Spielhallen und der Gastronomie immer unattraktiver werden.

Die Walzen sind nicht das eigentliche Glücksspiel, welches reguliert ist. Es gibt viele Suchtexperten, die aus diesem Grund vor den neuen Geldspielgeräten der TR 5.0 Norm warnen.

Außerdem erwähnt man die Freispiele und Action Games für besonders hohe Gewinne. Durch die Features werden aber teilweise immer noch die Gewinnauszahlungen erhöht, sodass auch hier die gesetzlichen Regeln missachtet werden.

Ferner wird nichts über die Auszahlungsquote gesagt. In Spielhallen beträgt diese schätzungsweise 75 %, die staatlich garantierte Auszahlungsquote wurde bereits vor mehreren Jahren für Spielhallen gekippt. In Spielbanken hingegen gibt es Auszahlungsquoten von 96 %, einen ähnlichen Wert, den man auch bei Online Casinos findet. Details zu den Unterschieden zwischen Spielhallen, Spielbanken und Online Casinos hatte ich bereits in einem Artikel in der Vergangenheit beschrieben.

Spielautomatenherstellung und Wartung

In einem letzten Abschnitt wird grundlegend gezeigt, wie bei Merkur-Automaten die Recheneinheiten hergestellt werden. Außerdem wird dargestellt, wie die Speicher (mit Spielen und Gewinnalgorithmen) erstellt und vor allem vor Betrug gesichert werden.

Ein Techniker wird ferner bei einigen Wartungsaufträgen begleitet. Verklemmtes Geld ist ein Hauptproblem bei den Automaten. Es wird auch gezeigt, wie ein Spielautomat mit neuen Games bestückt wird. In der Gastronomie werden die Geldspielgeräte anscheinend alle 12 bis 18 Monate mit neuen Videospielen für die Automaten geladen, in Spielhallen ist es zweimal im Jahr der Fall.

Mögliche Suchtprobleme werden zum Schluss kurz angesprochen

Dr. Susanne Pechler ist Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie in München. Sie beschreibt, dass Patienten erst kommen, wenn sie am Ende sind. Das gilt finanziell wie auch psychisch. Meist haben süchtige Automatenspieler auch Probleme mit Depressionen. Den Kontrollverlust, mit dem eine Spielsucht beginnt, würden die meisten Menschen nicht merken. Sie beschreibt das so:

Also ein Spieler glaubt, wenn er diesen Button drückt, kann er wirklich kontrollieren, wann ein Spiel zu Ende geht, oder wann die Früchte erscheinen, immer die gleiche Reihe, aber es ist eine Illusion.

Der Adrenalinkick durch die Gewinne führe die meisten Spieler zur Sucht. Es ist relativ schwierig für die Süchtigen, dem Spieldrang zu widerstehen. Spielautomaten können in eine andere Welt führen. Die Kontrolle über das eigene Leben und die eigenen Gefühle wiederzugewinnen, fällt den Menschen schwer, vor allem wenn sie keine anderen Hobbys haben, welche einen im Hier und Jetzt halten. Außerdem müssen die Patienten lernen, dass die Bank wirklich immer auf Dauer gewinnt.

Was bleibt von der Dokumentation

Die Dokumentation geht auf die Herstellung von modernen Videoslots und die Automatenherstellung ein. Außerdem sieht man, mit welchen Mitteln gute Spielhallen ihre Kunden binden – was insgesamt recht interessant ist.

Es fällt aber auf, dass Merkur-Automaten und die Gauselmann-Gruppe sehr gut bei der Dokumentation dargestellt werden. Nicht einmal wird der Novoline-Klassiker Book of Ra erwähnt – der das wichtigste Spiel in Deutschland ist. Außerdem werden die Spielhallen in ein sehr gutes Licht gerückt, wobei Spielotheken in Sachen Spielerschutz immer noch recht fragwürdig agieren.

Ich hatte schon einige Male erwähnt, dass Matthias sogar beim Umbuchen des Geldes an den neuen Automaten geholfen wurde, damit er immer noch an mehreren Geldspielgeräten gleichzeitig spielen konnte. Das sollte die neue Technische Richtlinie eigentlich verhindern.

Am Ende ist es also eigentlich kein Wunder, warum manche User auf YouTube die sogenannte Dokumentation als Werbung für Merkur oder die Automatenwirtschaft in Deutschland ansehen. Zugutehalten muss man den Produzenten jedoch, dass wenigstens am Ende die Suchtproblematik auch zur Sprache kommt. Letztlich merkt man aber, dass die Dokumentation schon älter ist, daher kann ich die Aufregungen in den sozialen Netzwerken teilweise nicht mehr nachvollziehen.

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4 Kommentare zu: Neue Welt-TV-Doku: In der Spielhölle – von Zockern und Daddelmaschinen

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Kleine Anmerkung: Nicht erst seit Tr 5. gilt in Spielhallen das umwandeln des Geldes zu Punkten offiziell als Spiel. Das ist bereits seit Jahren so. Mit diesem trick wird umgangen dass ein Spiel laut Gesetz höchstens 20ct kosten...   Mehr anzeigen
Avatar von Anonym
Auch mein Beitrag zum Thema Sound Psychologie stimmt exakt - alle dachten ich laber nur
Avatar von Anonym
Und die Doku zeigt schön was ich’s wir 2 Jahren hier probiert habe zu erklären: Gewinn Matritze gleich am Anfang .. aber es glaubt ja keiner das alles aber auch wirklich alles darauf beruht!
die Doku ist schon älter. Neu ist nur die Vertonung. Anafangs war die nämlich ohne Kommentar!

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