Es kommt nicht selten vor, dass im Kontext von Wahlen und Wahlkämpfen von „Koalitions-Glücksspiel“, „Zocken um die letzten Stimmen“ oder „gefallenen Würfeln“ gesprochen wird. All das sind in den meisten Fällen bloße Floskeln von Politikern und Presse. Ein kleiner Ort im US-amerikanischen Bundesstaat Wisconsin hat derartige Redewendungen allerdings in die Tat umgesetzt. Die Wahl zum nächsten Dorfpräsidenten wurde dort durch Würfeln entschieden!

Die US-Gemeinde Sister Bay ist eher verschlafen und gemütlich – mit Glücksspiel hat man dort gemeinhin nichts am Hut. Das auf einer Landzunge im Lake Michigan gelegene Örtchen hat kaum mehr zu bieten als einen Biergarten, auf dessen Grasdach Ziegen weiden. Deren Alltag wird übrigens über einen Stream live in die ganze Welt übertragen. Gut, einen fabelhaften Blick über den großen See, einige lauschige Ecken am Wasser und ein kleiner Jachthafen sind weitere „Highlights“. Für all das würde man Sister Bay vonseiten der Medien aber wohl eher kein größeres Interesse schenken.

Mediale Aufmerksamkeit ist der Gemeinde nun aber im Zusammenhang mit ihrer ungewöhnlichen Wahl des Dorfpräsidenten zuteilgeworden. Zum Beispiel schreibt der Spiegel (natürlich witzelnd) von einer „demokratischen Innovation“. Hiesige Zeitungen und die Verantwortlichen vor Ort sind da schon etwas pragmatischer: Das Vorgehen sei notwendig gewesen und transparent umgesetzt worden.

Aber was war genau passiert? Warum wurde den Würfeln in Sister Bay die Wahlentscheidung überlassen?

So kam es zur Wahlentscheidung per Würfel

Anfang April 2023 fanden sich 512 Bewohner von Sister Bay zur Wahl ihres neuen Dorfpräsidenten ein. Tatsächlich bekam von diesen Stimmen jeder der zwei Kandidaten die Hälfte: 256 für Nate Bell und 256 für Rob Zoschke.

Dem örtlichen Nachrichtensender NBC 26 sagte die Wahlbüroleiterin, dass alle Beteiligten von wenigstens einer Stimme mehr für den einen oder den anderen möglichen Präsidenten ausgegangen wären. Die rund 70 Bewohner, die nicht zur Wahl gekommen sind, hätten den Unterschied machen können. Nun stand die Gemeinde allerdings vor einem eindeutigen Unentschieden.

Die Lösung war (gelinde ausgedrückt) etwas unkonventionell: Man entschied sich dafür, die Würfel entscheiden zu lassen.

Das Vorgehen war denkbar einfach

Jedem Kandidaten wurde eine Wahlhelferin zugewiesen. Die Damen hatten die Aufgabe, im Namen von Nate Bell bzw. Rob Zoschke (damals amtierender Präsident) die Würfel zu rollen. Das Würfeln selbst erfolgte während einer Live-Übertragung per Zoom. So wollten die Verantwortlichen volle Transparenz gewährleisten.

Im Video war für alle interessierten Bewohner von Sister Bay eindeutig zu sehen, dass Nate Bell die Wahl gewonnen hat. Seine Wahlhelferin warf eine Sechs. Zoschke bekam dagegen lediglich eine Zwei, womit er offiziell aus seinem Amt ausschied. Bell tritt ab dem 18. April 2023 als sein Nachfolger auf.

Und was sagen die Kandidaten und die Wahlverantwortlichen zum Würfeln?

Die meisten Beteiligten sind sich einig, dass die Würfel unter diesen Bedingungen die perfekte Option für die Wahlentscheidung waren. Vonseiten der Wahlhelfer wurde mitgeteilt, dass man zunächst auch einen Münzwurf oder das Ziehen von Zetteln in Erwägung gezogen hätte. Würfeln sei allerdings die fairste Lösung gewesen.

Auch der Wahlverlierer Rob Zoschke meldete sich zu Wort: Das Vorgehen per Würfel sei vollkommen in seinem Sinne. Er ließ sich sogar einen der Würfel als Souvenir geben. Weiterhin regte er an, dass der neue Präsident die Wahl per Würfel ja vielleicht zum Anlass nehmen könne, um in naher Zukunft ein Würfel-Charity-Event zu veranstalten. Nate Bell äußerte sich bislang nicht.

Fazit

Andere Länder, andere Sitten: Zum einen ist es natürlich absolut kurios, eine offizielle Wahl durch Würfelglück entscheiden zu lassen. Zum anderen scheint dies – gerade in Anbetracht der enormen Wahlbürokratie in Deutschland – aber auch recht erfrischend.

Vielleicht wäre das Auswürfeln wichtiger Entscheidungen übertragen auf die deutsche Politik hin und wieder eine gute Lösung? Der Bevölkerung könnte so womöglich die ein oder andere Schwierigkeit erspart bleiben. Allerdings bestünde dann natürlich auch die Gefahr, dass noch weitaus mehr schiefgeht. Wie auch immer: Zum Würfeln wird es bei deutschen Wahlen – und sei es nur im Zuge der Bestimmung vom neuen Vorsitzenden des lokalen Geflügelzuchtvereins – so bald nicht kommen.

Was uns und der hiesigen Politik dieser Fall aber immerhin mitgeben kann, ist Folgendes: Es muss nicht jedes Mal die komplizierteste Lösung sein.

Quelle des Bildes: https://www.pexels.com/de-de/foto/konzept-vielfalt-abzeichen-aufkleber-8846667/

 

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2 Kommentare zu: USA: Würfel entscheiden über Wahl zum Dorfpräsidenten

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Guter Artikel, mir gefällt deine Schreibweise.

Bei der nächsten Wahl wünsche ich mir ein Poker-Duell. Wer zu oft All-In geht, darf dann auf keinen Fall Finanzminister werden.
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Vielen Dank. Das wäre doch echt mal ein interessanter Ansatz.

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