Still und heimlich füllten sich die Schatzkammern Liechtensteins über die Jahre mit Geld aus Spielbanken, die im kleinen Fürstentum eröffnet wurden. Wenn wir nur von offiziellen Spielbanken ausgehen, würde es wohl niemanden verwundern, dass Las Vegas im Verhältnis zu Deutschland mehr Spielbanken pro Einwohner hat. Aber hättet ihr gewusst, dass Liechtenstein bald noch viel mehr Spielbanken im Verhältnis zur Bevölkerung besitzen könnte als Las Vegas selbst?

Das Alpen Las Vegas

Liechtenstein ist ein kleines Fürstentum, dessen Entstehung auf das Jahr 1719 zurückgeht und der Welt allenfalls als kleines Steuerparadies inmitten Europas geläufig ist. Mehr gäbe es neben den hohen Niederlagen der Nationalmannschaft bei Europa- und WM-Qualifikationsspielen nicht zu sagen, oder? Falsch, denn Liechtenstein hat sich klammheimlich zum kleinen alpinen Las Vegas entwickelt.

Das echte Las Vegas nämlich umfasst mitsamt seiner Metropolregion über 2 Millionen Einwohner und beherbergt 104 offizielle Casinos & Casino-Resorts: Das macht ein Verhältnis von 1:19.230 Einwohner. Wenn wir uns nun Liechtenstein anschauen, könnte das Verhältnis für das Jahr 2020 1:6.333 Einwohner werden. Denn auf lediglich 38.000 Liechtensteiner Bürger kommen sage und schreibe sechs Spielbanken, von denen vier bereits in Betrieb sind und weitere zwei dieses Jahr eröffnet werden könnten. Somit gäbe es im Verhältnis zu der Bevölkerung in Liechtenstein 3 Mal mehr Spielbanken als in der Metropolregion Las Vegas!!!

Aber das würde nur gelten, wenn die Gerichte den Fertigstellungen dieser zwei neuen Spielbanken endgültig zustimmen würden. Bei den Liechtensteiner "Casinos" handelt es sich nämlich um Spielbanken, die das große Spiel inklusive Blackjack, Roulette und Poker anbieten dürfen. Diese zwei Neuen könnten sich bald zu den vier bereits in Betrieb befindlichen hinzugesellen. Namentlich handelt es sich bei den vier bereits operierenden Spielbanken um das Casino Admiral Ruggel, das Grand Casino Liechtenstein, das Casino Admiral Triesen und das Casino Schaanwald Liechtenstein.

Lange Zeit galt Liechtenstein in Bezug auf seinen Wirtschaftsfokus als der kleine Bruder der Schweiz. Dieser richtete sich primär auf das Bankgeheimnis, und so konnte Liechtenstein viele Jahre lang auf das Verwahren von Schließfächern namhafter Kunden vertrauen, die überall aus Europa anreisten, um ihr Geld im unscheinbaren Liechtenstein zu bunkern. Dieses lukrative Geschäftsmodell, welches nicht auf eigenem Fleiß, sondern auf einer vorteilhaften Gesetzeslage beruhte, musste 2008 eingestampft werden. Denn in diesem Jahr ließ sich Liechtenstein durch starken Druck aus Deutschland auf einen Austausch der Kontodaten mit anderen Ländern ein, welches das altbewährte Geschäftsmodell unwiderruflich zerstörte.

Nun erholte sich die findige Liechtensteiner Regierung von diesem Schlag relativ schnell und entwarf ein neues Modell, welches auf dem alten Erfolgsrezept gründete. Dieses lautete, mit möglichst wenig Aufwand und einer günstigen Gesetzeslage zu Reichtum zu gelangen.

Die Neuerfindung der Liechtensteiner Wirtschaft

Denn nun kamen die Liechtensteiner auf etwas viel Besseres, als weiter den kleinen Bruder der Schweiz zu mimen. Das Ziel war es nun, der große Bruder von Las Vegas zu werden. Denn Spielbanken sind das Perpetuum Mobile der Wirtschaft: Sie sind klein, man muss verhältnismäßig wenig investieren und sie spülen Unmengen an Geldern in die Staatskassen.

So boomte Liechtenstein einige Zeit vor sich hin, bis Fortuna ihre bis dahin schützende Hand über dem Fürstentum abwendete. Denn seit dem 18. März 2020 stehen die Räumlichkeiten, in denen zuvor Tausende von Franken täglich den Besitzer wechselten, leer. Dennoch bleiben die Betreiber optimistisch: Zu gut lief es bis jetzt, als dass man etwas am grundlegenden Erfolgsmodell ändern müsse. Man vertraut darauf, dass sobald diese schreckliche Krise vorbei ist, dass Dauerbimmeln der Automaten genauso wieder unbeirrt ertönen wird wie das minütliche Sausen der Roulette-Kugel und das Klimpern der Spieljetons. Im Jahr 2018 warfen allein die ersten zwei Spielbanken über 18 Millionen Euro in Form von Steuern ab. Für das Jahr 2019 rechnet das Fürstentum schon mit ungefähr 28 Millionen Euro, und durch die Vollendung der weiteren zwei könnte das Ganze in ungeahnte Höhen aufschießen.

Aber die Liebe ist nicht nur einseitig, denn auch die Betreiber erfreuen sich an Liechtensteiner Verhältnissen. Hier müssen sie im günstigsten Fall nur 17,5 % der Einnahmen steuerlich abführen. In Deutschland sind das schon je nach Bundesland durchschnittlich 70-80 % während in der Schweiz Spitzenwerte von bis zu 80 % an Steuerabgaben anfallen können.

Das Ironische dabei - Glücksspiel war bis 2009 in Liechtenstein illegal

Nachdem wie bereits erwähnt das auf Bankgeheimnis beruhende Erfolgsmodell aufgegeben werden musste, entschied sich die Regierung, schnell neue Geschäftsfelder zu erschließen. Mit diesem neuen Ziel vor Augen wurde das Glücksspielverbot nur ein Jahr später eingestampft. Im Jahr 2016 erfolgte eine Reform des Geldspielgesetzes und zeitgleich wurden günstige Bedingungen geschaffen, um seriöse Spielbankenbetreiber anzuziehen, die den höchsten Standards entsprachen. Im Gegenzug erhielten die Spielbanken eine optimale Anbindung an das Vierländereck und obendrein günstige Steuervorteile.

Aber es gibt auch einige Kritiker. Tief sitzen nämlich die schlechten Erinnerungen an die Zeit, als man als Steueroase galt und von halb Europa geächtet wurde. Nun fürchtet man für das Land - durch die ohnehin schon verruchte Welt der Casinos und des Glücksspiels - den gleichen Imageschaden.

Es ziehen kleine Wolken auf

Nun droht der Ärger diesmal nicht von außen, sondern von innen. Denn die Bevölkerung wehrt sich gegen das verruchte Image und Treiben der Spielbanken und läuft Sturm. Das kleine 4.500 Seelen Dorf Balzers wehrt sich mit Händen und Füßen gegen das neue Bauvorhaben. Man befürchtet Lärm, Parkplatznot und Dauerbetrieb im beschaulichen kleinen Dorf. Dieser Unmut schlägt sich auf politischer Ebene nieder und bevorteilt die Parteien, die sich für eine Eindämmung der Spielbanken aussprechen. Denn während die Klagen der Balzer aufgrund der millionenschweren Erträge, die im Raume stehen - wahrscheinlich unerhört bleiben werden - tut sich auf politischer Ebene ein wenig mehr. Dort wird zwar nicht grundsätzlich über das Glücksspiel debattiert, aber es wird versucht, die Einnahmen an einen bestimmten Zweck zu binden. Dadurch erhofft man sich die Gemüter in den Dörfern zu besänftigen. So gebe es bereits konkrete Pläne, dass Teile der Steuereinnahmen aus dem Glücksspiel direkt in die Altersvorsorge oder in soziale Bauprojekte fließen sollen.

Liechtenstein wird selbst zum Casino

Die momentane Krise hinterlässt überall ihre Spuren, aber die Liechtensteiner Spielbanken bleiben äußerst optimistisch. Sobald diese Krise vorbei sein wird, wird der Spielbetrieb den Betreibern zufolge wieder regulär aufgenommen werden und seinen gewohnten Gang nehmen. Zu gut laufen die Geschäfte und zu rege ist der Andrang an schweizerischer, deutscher, österreichischer und italienischer Kundschaft, die es sich nicht nehmen lassen wollen, die Fortuna geweihten Tempel des Fürstentums aufzusuchen. Demnach könnte Liechtenstein bald im übertragenen Sinne selbst zum Casino werden, denn fremde Leute kommen – hinterlassen ihr Geld – und ziehen mit leeren Taschen von dannen.

Bildquelle: AdobeStock 309763096, Liechtenstein casino theme. Two ace in poker game, cards and black chips on green table with national flag background. Gambling and betting. © sezerozger 

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0 Kommentare zu: Liechtenstein – der lange Weg von der Steueroase zum Glücksspieltempel

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