Ein 29 Jahre alter Mitarbeiter eines niedersächsischen Finanzamtes veruntreute über mehrere Jahre insgesamt fast eine Million Euro. Das Geld verlor er daraufhin beim Glücksspiel. Nun musste sich der spielsüchtige Ex-Mitarbeiter vor dem Landgericht Verden für seine Taten verantworten. Der Vorwurf: Untreue und Steuerhinterziehung. Vor wenigen Tagen wurde das Urteil gesprochen.

Syke ist eine beschauliche Kleinstadt im niedersächsischen Landkreis Diepholz. Dass hier ein junger Mitarbeiter des örtlichen Finanzamtes Hunderttausende Euro auf sein Privatkonto überwies, fiel erst nach mehr als zwei Jahren auf. Der Schaden ist enorm: Rund 927.000 Euro soll der 29-jährige Angeklagte während seiner Tätigkeit veruntreut haben. Die 4. Große Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Verden verurteilte den kriminellen Ex-Mitarbeiter des Finanzamtes nun zu einer mehrjährigen Haftstrafe.

Finanzamt Syke: Krimineller Mitarbeiter richtet enormen Schaden an

Über einen Zeitraum von zweieinhalb Jahren sei es dem heute 29-jährigen Angeklagten gelungen, immer wieder unberechtigte Überweisungen durchzuführen. Insgesamt 81 Fälle der Steuerhinterziehung und der Untreue wurden dem jungen Mann von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen. Dabei habe er einen Gesamtschaden in Höhe von 927.000 Euro angerichtet. Wenige Tage nachdem der kriminelle Finanzamtsmitarbeiter seine letzte Überweisung in Höhe von 121.000 Euro getätigt hat, flog der Betrug endlich auf. Seit Mitte April musste sich der ehemalige Steueramtsinspektor deshalb vor dem Landgericht Verden für seine Taten verantworten.

Syke ist eine Kleinstadt im niedersächsischen Landkreis Diepholz. Hier leben auf einer Fläche von 128 Quadratkilometern knapp 25.000 Einwohner. Wichtige Industriezweige in Syke sind die Labortechnik und der Maschinenbau.

Spielsucht als Motiv: Angeklagter legt vollumfängliches Geständnis ab

Vor Gericht hatte der Angeklagte ein Geständnis abgelegt und damit die Taten in vollem Umfang eingeräumt. Demnach habe der Mann aus Bassum die Taten begangen, um seine massive Spielsucht finanzieren zu können. Bereits vor rund zehn Jahren sei der Angeklagte von seinen Eltern in einem Bremer Casino gesperrt worden, nachdem sein Spielverhalten außer Kontrolle geraten war. Das veruntreute Geld des Finanzamtes Syke habe der junge Mann ebenfalls komplett beim Glücksspiel verloren. Im Prozess äußerte sich der Mann dazu kurz und knapp: „Alles weg, alles verspielt“.

Eigenen Angaben zufolge habe der Angeklagte im Laufe seines Lebens zwischen zwei und zweieinhalb Millionen Euro beim Glücksspiel verloren. Zwar hätte er in einem Fall über 615.000 Euro beim Online-Roulette gewonnen, allerdings sei ihm der Gewinn nicht ausgezahlt worden.

Wie konnte der Betrug gelingen?

In der Anklageschrift warf die Staatsanwaltschaft dem Angeklagten vor, dass er inaktive Steuernummern von verstorbenen oder insolventen Steuerpflichtigen nutzte und hier durch Umbuchungen Guthaben erzeugte. Dieses Guthaben zahlte er sich dann auf sein Privatkonto aus und glich das Ursprungskonto durch Niederschlagung von Steuerforderungen aus. Darüber hinaus habe er Mahnungen, die normalerweise automatisch herausgeschickt worden wären, durch Sperrvermerke verhindert.

Zunächst gerieten noch weitere Mitarbeiter des Finanzamtes Syke in das Visier der Anklagebehörde. Im Laufe der Ermittlungen stellte sich allerdings heraus, dass der 29-Jährige von mehreren seiner Arbeitskollegen das Vertrauen missbrauchte oder ihre Passwörter stahl.

Verminderte Schuldfähigkeit wegen Spielsucht bejaht

Letztendlich wurde der Ex-Finanzamtsmitarbeiter in 34 Fällen der Untreue und der Steuerhinterziehung schuldig gesprochen. Hierbei habe der Angeklagte aus Bassum insgesamt einen Betrag in Höhe von 857.775,35 Euro unrechtmäßig erlangt. Das Gericht bestätigte in diesem Fall zudem die verminderte Schuldfähigkeit des Angeklagten. Diese ergebe sich aus seiner massiven Spielsucht. Ein psychiatrischer Sachverständiger ist in seinem Gutachten zuvor allerdings zu einem anderen Ergebnis gekommen. Das Gericht folgte dieser Einschätzung jedoch nicht.

Geständnis wirkte strafmildernd – 3,5 Jahre Haftstrafe

Das Landgericht Verden hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung und Untreue letztendlich zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt. Strafmildernd habe sich dabei das vollumfängliche Geständnis des Angeklagten ausgewirkt. Das Gericht stellte dabei mehrere Fälle ein, sodass letztendlich nur die höchsten Überweisungen mit einer Gesamtschadenssumme von rund 857.000 Euro abgeurteilt wurden. Sofern das Urteil rechtskräftig wird, unterliegt dieser Betrag der Einziehung. Es ist aber natürlich mehr als fraglich, ob der Angeklagte jemals finanziell in der Lage sein wird, die Schadenssumme in voller Höhe zu begleichen. Der Angeklagte selbst bezeichnete den Tatzeitraum zwischen September 2017 und April 2020 als die „schlimmste Zeit seines Lebens“.

Bereits mehrfach berichteten wir in der Vergangenheit über Fälle, in denen Menschen kriminell wurden, um ihre Spielsucht finanzieren zu können. Zuletzt kam es dazu, dass ein spielsüchtiger Banker von einem Kunden 500.000 Euro ergaunerte und das Geld verspielte.

In einem Fall im US-Bundesstaat Texas soll ein Apotheker sogar Krankenversicherungen um insgesamt 100 Millionen US-Dollar betrogen haben. Davon habe er rund 15 Millionen US-Dollar beim Glücksspiel verloren.

Fazit

Es ist schon sehr überraschend und verstörend, dass es einem jungen Mitarbeiter eines deutschen Finanzamtes gelingen kann, über einen Zeitraum von zweieinhalb Jahren unbemerkt knapp eine Million Euro aus der Staatskasse abzuzweigen. Im hier besprochenen Gerichtsverfahren wurde deshalb auch ein zuständiger Finanzbeamter des übergeordneten Landesamts für Steuern in Oldenburg gehört und musste sich die kritischen Fragen des Verteidigers anhören. Dieser verwies in seiner Aussage darauf, dass Prüfungen aufgrund der immensen Fülle an Datensätzen nur stichprobenartig erfolgen können. Er räumte jedoch ein, dass „gewisse Kontrollmechanismen“ nicht gegriffen hätten. Man darf nur hoffen, dass der Verurteilte nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis ein glückliches Leben frei von Glücksspielangeboten und kriminellen Taten führen wird.

Quelle des Bildes: https://pixabay.com/de/photos/freiheit-wille-gefängnis-957491/

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7 Kommentare zu: Finanzamt: Spielsüchtiger Mitarbeiter veruntreut knapp 900.000 Euro

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Ich frage mich wie kann so etwas so eine lange Zeit niemanden auffallen geschweige denn ein einziger darüber verwalten kann ohne das jemand anderes dies bestätigt unfassbar dreieinhalb Jahre für knapp eine Millionen Euro dafür...   Mehr anzeigen
Avatar von Anonym
Du hast aber schon gelesen, dass er das zurück zahlen muss? Also dafür würde ich nicht ins Gefängnis gehen. Auch das psychiatrische Gutachten, was laut Aussage zu anderen Ergebnissen kam, sollte wach machen. Das größte Problem ist...   Mehr anzeigen
@A****m: Denkst du ernsthaft daran das er alles verballert hat bzw überhaupt ansatzweise etwas zurück zahlen kann irgendwann 😂🤣😂
Sobald 3r die jlhaft hinter sich gebracht hat ist er ab irgendwo auf der sept
Es gibt einige Länder wo man...   Mehr anzeigen
Avatar von Anonym
@KKET_3roC: Möglich ist das. Dennoch scheiße wenn er wieder kommt und dann wieder die Handschellen klicken. Diese Schulden, wird der nie wieder los.
Genau, mich persönlich hat das auch sehr schockiert. Ich war der festen Überzeugung, dass es da zumindest ab bestimmten Transaktionsbeträge eine Art 4-Augen-Prinzip gibt. Vor allem war es ja kein "großes" Finanzamt, sondern eine...   Mehr anzeigen
Der Staat hat zu viel Geld, wir jedoch zu wenig 🙂
@WeaverReefer: Naja, also würdest du im betrügerischen Finanzbeamten den Robin Hood der Neuzeit sehen?

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