Aufgrund der neuen Absichten zur Lizenzierung von Sportwetten hat die EU am 30. Juli 2019 einen „blauen Brief“ an Deutschland versandt. Es handelt sich um die erste Stufe zu einem Vertragsverletzungsverfahren, welches Deutschland schon einmal wegen der Regelungen zum Glücksspiel vor Augen hatte.

Sportwetten stellen in Deutschland (mit Ausnahme von Schleswig-Holstein) immer noch eine Grauzone dar. 2012 wurde zwar mit dem neuen Glücksspielstaatsvertrag eine Experimentierklausel für Online Sportwetten eingeführt, zu der Vergabe der 20 Sportwetten-Lizenzen ist es aber nie gekommen. Es gab zwar ein Vergabeverfahren, aber das wurde am Ende durch den Europäischen Gerichtshof für ungültig erklärt. Die Limitierung der Konzessionen für Sportwetten widerspreche laut Gericht dem europäischen Recht auf Dienstleistungsfreiheit.

Im März 2019 konnte sich die Ministerpräsidentenkonferenz endlich auf die Liberalisierung des Sportwettenmarktes bis 30. Juni 2021 verständigen. Der neue dritte Glücksspielstaatsvertrag soll eigentlich ab 1. Januar 2020 in Kraft treten. Letztlich hatte man vor allem die Limitierung der Konzessionen gekippt, damit erste Lizenzen relativ schnell noch vergeben werden können. Zur Prüfung wurde das Gesetz der Europäischen Union vorgelegt – diese hat jetzt endlich eine Antwort verfasst.

Die Europäische Kommission kann rechtliche Schritte gegen EU-Länder einleiten, wenn sie das EU-Recht nicht umsetzen. Es handelt sich um Vertragsverletzungsverfahren. Durch den Europäischen Gerichtshof können in bestimmten Fällen auch Zahlungen von Strafgeldern angeordnet werden.

Kritik der EU-Kommission lässt nicht lange auf sich warten

Grundsätzlich begrüßt die Kommission den Wegfall der Limitierung bei den Konzessionen für Online Sportwetten. Die EU-Kommission bemängelt aber, dass mit dem neuen Gesetz die Geltungsdauer der Glücksspiellizenzen verkürzt werden. Ursprünglich wollte man in der Experimentierphase 20 Lizenzen für Online Sportwetten vergeben, die eine Gültigkeit von 7 Jahren haben sollten. Jetzt verkürzt man die Geltungsdauer auf 18 Monate, da am 1. Juli 2021 ein neuer Glücksspielstaatsvertrag in Kraft treten soll. Trotzdem sollen die Anbieter die Chance auf eine Verlängerung um 3 Jahre bekommen. Dieser wird gerade ausgehandelt, sodass im besten Falle auch alle Bundesländer den neuen Staatsvertrag annehmen. 

In Brüssel bemängelt man, dass diese neue Experimentierphase zu kurz sei. Es könnte dazu führen, dass weiterhin Anbieter ohne Lizenz Sportwetten in Deutschland anbieten. Laut NDR und Süddeutscher Zeitung heißt es in dem Schreiben, dass „die Anreize für einen Wechsel vom unregulierten in den regulierten Bereich“ verringert werden.

Lizenzvergabe steht derzeit unter keinem guten Stern

Das Bundesland Hessen ist für die Vergabe der deutschlandweiten Sportwetten-Lizenzen zuständig. Es gab bereits Hinweise vom Regierungspräsidium Hessen, was von Sportwettenanbietern ab 2020 erwartet wird. Nach einer Informationsveranstaltung zur Vergabe der Konzessionen beschrieben Vertreter der GVC Holdings (Marke bwin und Co.), dass es noch weiterer Klarstellungen bedürfe, damit das Vergabeverfahren vernünftig abgewickelt werden könne.

Im Moment stellen Internet-Sportwetten in Deutschland eine rechtliche Grauzone dar. Sie sind zwar nicht erlaubt, werden aber grundsätzlich geduldet und Sportwettenanbieter müssen die Wettsteuer von 5 % entrichten. Live-Wetten müssten aber nach dem neuen Gesetz wegfallen. Ferner hätten alle Spieler ein Einsatzlimit von 1.000 € bei Sportwetten. Online Casinos wären für die Anbieter von Sportwetten mit neuer deutscher Konzession komplett tabu.

Die Vertreter der GVC Holdings gingen beispielsweise davon aus, dass man bei den Einsatzlimits noch Änderungen in Bezug auf das Gesetz durchsetzen kann. Laut einigen Online Sportwettenanbieter heißt es ebenfalls, dass die Vorgaben der neuen Lizenz gar nicht einhaltbar sind.

EU-Hinweise werden derzeit diskutiert

Ein Sprecher der Staatskanzlei Nordrhein-Westfalen hatte erklärt, dass man die Kritikpunkte der EU kenne und derzeit in den Bundesländern diskutiere. Nordrhein-Westfalen gilt als federführend unter den CDU-geführten Bundesländern. Nach derzeitigem Erkenntnisstand möchte man aber an den geplanten Regelungen nichts ändern. Vom Sprecher der Staatskanzlei hieß es dazu:

Die Stellungnahme enthält keine Gesichtspunkte, die Anlass geben könnten, an dem konkreten Inhalt des 3. Glücksspielstaatsvertrages etwas zu ändern.

Laut aktuellen Statistiken haben die Deutschen 7 Milliarden Euro bei Sportwetten im Jahr 2018 eingesetzt. Viele Anbieter würden jedoch durch die Online Casinos einen deutlich höheren Umsatz generieren als mit Sportwetten. Falls es zur Vergabe von Lizenzen für Online Sportwetten kommt, müssten die Glücksspielanbieter aufhören, Casinospiele im Internet anzubieten.

Somit muss man wieder einmal abwarten, was wirklich in Bezug auf Online Glücksspiel und Sportwetten umgesetzt werden kann und ob Konzessionen ab Januar 2020 vergeben werden. Derzeit sieht es nicht nach großen Veränderungen in der Branche für Deutschland aus, vielleicht wird ab 2021 endlich eine vernünftige Regulierung für das Online Glücksspiel mit dem neuen Glücksspielstaatsvertrag geschaffen – wünschenswert wäre es auf jeden Fall für Spieler und Anbieter.

Bildquelle: Adobestock 12420403; Blauer Brief, © tbcgfoto 

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1 Kommentar zu: Deutschland bekommt blauen Brief aus Brüssel für geplante Sportwetten-Lizenzen

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Was der Staat sich hier an Steuereinnahmen entgehen lässt. Andere Länder bekommen es doch auch gut geregelt. Und Bürokratie ist doch sowas wie unser Spezialgebiet. Ich verstehe es nicht.

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