Derzeit wird versucht, mit dem dritten Glücksspielstaatsänderungsvertrag Sportwetten 2020 endlich zu regulieren. 4 Milliarden Euro werden in Deutschland pro Jahr bei Sportwetten umgesetzt – Spielergewerkschaften und andere Experten warnen derzeit vor Wettmanipulation.

Die Liste der Sportwettenanbieter, die Fußball und andere Sportarten als Sponsoren unterstützen ist relativ lang. In der dritten Bundesliga tragen beispielsweise 7 von 20 Teams die Aufschrift vom Wettbüro sunmaker. Ansonsten sind bwin und Tipico im Bereich des Sponsorings sehr aktiv und haben teilweise Premium-Partnerschaften mit dem FC Bayern oder dem DFB abgeschlossen. Der THW Kiel läuft beim Handball mit dem Logo des Glücksspielanbieters Vera&John auf. LV BET unterstützt ebenfalls in Deutschland die Eishockey-Liga. Für die Sportvereine sind die Wettanbieter lukrative Einnahmequellen.

Ulf Baranowsky von der Spielergewerkschaft VDV thematisierte das Problem vor Kurzem gegenüber den Medien:

Und wir stellen uns daher die Frage, wie soll ein Spieler die nötige Distanz zu Sportwetten aufbringen, wenn er gleichzeitig mit einem Trikot auflaufen muss, auf dem fett das Logo eines Wettsponsors zu sehen ist?

Fußball größtes Zugpferd – Manipulationen könnten lukrativ sein

Im Jahr werden in Deutschland insgesamt derzeit 4 Milliarden Euro bei Sportwetten eingesetzt. 50 % der Einsätze betreffen Fußballwetten. Wetten auf den Gewinner des Sportevents, auf die Anzahl der Tore und die erste Ecke sind am beliebtesten.

16- bis 20-jährige Männer sollen sich am ehesten für Sportwetten interessieren. Viel alarmierender ist jedoch, dass auch Fußballprofis wetten, obwohl sie auf ihren Sport eigentlich nicht setzen dürfen. Zeit und Geld ist bei ihnen vorhanden. Außerdem kennen sie sich in der Szene aus und fühlen sich überlegen. Das Suchtpotenzial soll bei ihnen dadurch deutlich höher sein. Für den Sprecher der Spielergewerkschaft VDV gilt Folgendes:

Zudem ist Spielsucht oft der Nährboden für Spiel- und Wettmanipulation.

Wettmanipulationen sind seit Jahren bekannt

2005 gab es einen großen Skandal um den Schiedsrichter Robert Hoyzer, der Geld für bestimmte Ergebnisse bekommen haben soll. Manipuliert wurden damals Spiele in der zweiten Bundesliga und der Regionalliga.

Kriminalhauptkommissar Michael Bahrs aus Bochum war 2009 an einer der größten Ermittlungen gegen die Wettmafia beteiligt. Er ist wohl Europas bekanntester Ermittler im Bereich der Sportwettmanipulationen. Es wurden 200 verschobene Fußballspiele in Europa aufgedeckt, bei denen Wettmanipulationen nachgewiesen werden konnten. Damals hatte die Kommission zur Aufklärung 20 Mitglieder, heute gibt es die Einheit nicht mehr. Trotzdem ist Bahrs der Meinung:

Es gibt ja ein bestehendes kriminelles Netzwerk aus Fußballspielern, Trainern, Funktionären, Ganoven. Das ist ja jetzt nicht von der Bildfläche verschwunden, weil wir damals ein paar Haftstrafen generieren konnten.

Die europäische Polizeibehörde hatte 2013 den weltweit bisher größten Skandal in der Geschichte des internationalen Fußballs aufgedeckt. Von 2008 bis 2011 konnte man rund 380 manipulierte Spiele nachweisen.

In diesem Jahr gab es einen erneuten Verdacht auf Sportwetten-Manipulationen in der Oberliga Nordost-Nord. Manipulationen im Sport sind also nicht nur Probleme der Vergangenheit.

Aufklärung gegen Wettmanipulation

DFB und deutsche Fußballliga versuchen derzeit eine spezielle App zu entwickeln. Sie soll für die Spieler die Meldung von Wettbetrug vereinfachen, falls die Spieler zum Thema Wettbetrug angesprochen werden.

Das Unternehmen Sportradar soll zudem im Auftrag der deutschen Fußballliga Aufklärungsarbeit bei Vereinen der ersten und zweiten Bundesliga leisten. Forderungen der Spielergewerkschaft VDV haben zu den Schulungen geführt:

Problematisch ist aus unserer Sicht allerdings, dass der Schulungsauftrag an ein Unternehmen vergeben wurde, das als Dienstleister für die Wettindustrie fungiert, also wirtschaftlich von Sportwetten profitiert. Und das ist im Hinblick auf eine ernsthafte Spielsuchtprävention doch recht unglücklich.

Neues Gremium gegen Wettmanipulation enttäuschte

Man geht davon aus, dass die Schäden durch Wettmanipulationen schnell Millionenhöhen erreichen. Daher hatte das Bundesministerium im Sommer ein neues Gremium zur Bekämpfung von Wettbetrug im Sport zusammengestellt. Es sollte ein Austausch zwischen Politikern, Sportverbänden, Ligen, Wettanbietern und Ermittlungsbehörden stattfinden.

Am Ende haben allerdings nur Staatsanwälte aus Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen teilgenommen, die bereits Erfahrungen mit Wettbetrug hatten. Markus Kerber ist zuständiger Staatssekretär im Innenministerium und gab daraufhin zu, dass man die anderen Bundesländer stärker zur Mitarbeit bringen müsse. Außerdem müssten sie zunächst die personellen Ressourcen bereitstellen. Er gestand, dass Wettbetrug bisher in Bezug auf Kriminalität kaum beachtet werde.

Im deutschen Strafgesetzbuch sind Spielmanipulation und Wettbetrug erst seit 2 Jahren als Delikte enthalten. Dadurch wurde zwar die Bestrafung von Wettmanipulation einfacher, aber bisher haben nicht alle Bundesländer spezialisiertes Personal für diese Delikte.

Macolin-Konvention gegen Wettbetrug

2014 wollte man das Problem der Wettmanipulation weltweit angehen. Im schweizerischen Magglingen hatte man ein Übereinkommen des Europarates über die Manipulation von Sportwettbewerben formuliert und zur Unterzeichnung vorgelegt. Mitgliedstaaten des Europarats und Nicht-Mitglieder wie Kanada und Japan haben Interesse an dem Abkommen bekundet.

Mit dem Abkommen haben sich die Unterzeichner zur Analyse und Einschätzung der bestehenden Risiken in Zusammenhang mit Wettkampfmanipulation bereit erklärt. Die nötigen Gesetze, Regeln und Vorgehensweisen zum Kampf gegen Manipulationen sollten geschaffen werden. Dabei sollten Sportverbände, Wettkampfveranstalter und Wettbüros eingebunden werden. Das Bewusstsein sollte zudem durch Forschung und Schulung gestärkt werden.

Das Abkommen enthielt ebenfalls verschiedene Vorschriften und Verbote, die sich vor allem an Sportverbände, Wettkampforganisatoren und die Sportler gerichtet haben:

  • Das Verbot für Beteiligte (Sportler, Organisatoren, Funktionäre, Schiedsrichter etc.), Wetten auf eigene Wettkämpfe abzuschließen.
  • Das Verbot auf Verbreitung von Insiderinformationen.
  • Die Verpflichtung zur Meldung von verdächtigen Aktivitäten.
  • Die Verpflichtung zur Kontrolle von Wettkämpfen, bei denen ein erhöhtes Risiko für Manipulation besteht.
  • Die Entwicklung eines Systems zur Erleichterung der Weitergabe von Informationen zu Wettkampfmanipulationen.
  • Ein System zum Schutz von Whistleblowern.
  • Ein System zum Bestimmen von Schiedsrichtern und Preisrichtern zum spätmöglichsten Zeitpunkt.
  • Die Ausarbeitung Sanktionen nach einer Verletzung der internen Regeln und die Durchsetzung dieser Sanktionen auf nationaler und internationaler Ebene.

Zwar hören sich diese Grundsätze relativ gut an, aber bis September 2019 kam es zu keiner Ratifizierung des Gesetzes. Malta hatte das Abkommen blockiert. Der Grund liegt in der Formulierung des Abkommens. Dort kann man als Definition von „illegalen Sportwetten“ lesen:

„Illegales Sportwetten“ bezeichnet jede Sportwettenaktivität, deren Art oder Betreiber nach dem anwendbaren Recht des Gerichtsstands, in dem sich der Verbraucher befindet, nicht zulässig ist.

Joseph Cuschieri von der Malta Gaming Authority hatte das Problem auch im Detail erklärt, was man mit der Formulierung hatte:

Diese Definition macht alle Betreiber, die ihre Dienste über ihre Lizenz der Malta Gaming Authority in anderen europäischen Staaten anbieten, effektiv illegal. […]

Wenn es ratifiziert würde, würde dies bedeuten, dass lizenzierte Glücksspielanbieter in Malta daran gehindert werden, ihre Aktivitäten im Ausland auszuweiten, sofern sie nicht die Gesetze der anderen Mitgliedstaaten einhalten. […]

Seit Malta im Einklang mit den Gesetzen zur Regulierung des freien Marktes Regeln für Fernwetten eingeführt hat, konnte ein in Malta registrierter Betreiber mit einer Lizenz, der der Lottery and Gaming Authority, europaweit operieren. Seit der Finanzkrise sind die Länder bestrebt, bestimmte Lizenzrahmen zur Besteuerung dieser Glücksspielanbieter einzuführen. Diese Rahmenbedingungen besagen im Grunde, dass ein Glücksspielunternehmen, obwohl es eine Lizenz in Malta besitzt, eine weitere Lizenz benötigt, um europaweit operieren zu können.

Während Portugal und Italien das Abkommen auch mit der Blockade von Malta ratifiziert haben, beruft man sich in Deutschland auf die Grundsätze der EU. Dort ist ein gemeinsames Handeln vorgesehen. Aus diesem Grund wird das Bundesinnenministerium nur ausgewählte Punkte des Abkommens umsetzen. Bei der Weiterentwicklung des Abkommens wird Deutschland nicht dabei sein.

Sportwetten bleiben ein großes internationales Problem. Es gibt zwar erste Abkommen zur Zusammenarbeit, diese werden aber nicht von allen Mitgliedern der EU verfolgt. In Deutschland werden erste Richtlinien erlassen, aber es ist auch noch hier ein langer Weg, bis man wirklich erfolgreich gegen Wettmanipulationen vorgehen kann.

Bildquelle: AdobeStock 49430540, Transfer © Dreadlock  

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3 Kommentare zu: Sportwetten und Wettmanipulation in Deutschland

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REal Madrid gegen Brügge gestern war garantiert auch verschoben. Wer hätte schon was anderes außer Sieg Real getippt.
Bei den Gehältern eher unwahrscheinlich... Vermutlich sind eher andere Spiele die nicht so viel Aufmerksam bekommen betroffen

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