Initiator des Pilotprojektes der Spielsuchtprävention in Schulen ist die englische Wohltätigkeitsorganisation Demos. Kindern und Jugendlichen möchte man dabei die Risiken des Glücksspiels vor Augen führen. 2016 wurde in 650 Schulen in Großbritannien vier Schulstunden lang darüber informiert - auffällig ist vor allem, dass die Teilnehmer danach besser über das Finden von Hilfeleistungen Bescheid wissen.

Gambling, in Form von Wetten aller Art oder als Spielautomaten, ist in Großbritannien sehr beliebt. Das Vereinigte Königreich zählte 2016 rund 65,6 Millionen Einwohner insgesamt. Mehr als 60 % der erwachsenen Briten haben im letzten Jahr am Glücksspiel teilgenommen, was ungefähr 29 Millionen Menschen entspricht. Die Gambling Commission geht davon aus, dass eine halbe Million Briten ein problematisches Spielverhalten hat.

Laut Statistiken der unabhängigen und pädagogischen Wohltätigkeitsorganisation Demos haben 41 % der Schüler in den letzten 12 Monaten gespielt. Dabei waren die Wetten mit Freunden um eigenes Geld am weitesten verbreitet. 21 % der Schüler haben private Wetten abgeschlossen. 17 % haben Früchte-Slots in Spielhallen oder Bars genutzt, 14 % spielen mit Karten um Geld unter Freunden. Die gemachten Statistiken zeigen weiterhin, dass 0,6 % ein Problem mit der Spielsucht haben und weitere 1,6 % ein problematisches Spielverhalten an den Tag legen.

Diese Ergebnisse von Demos werden nicht überbewertet, aber man möchte dennoch versuchen, die Kinder und Jugendlichen über die Gefahren von Glücksspiel aufzuklären. Dies geschah in einem Pilotprojekt Ende 2016 bei 650 Schulen erstmals. Über 100 Schulen haben bereits ein Interesse am Programm bekundet. Die Methoden und Ergebnisse möchte ich im Folgenden einmal vorstellen.

Ziele und Prinzipien des Pilotprojektes

Zu Beginn des Projektes der Spielsuchtprävention in Schulen wurden einige grundlegende Ziele von den Partnern bestimmt, damit man eine objektive Grundlage zum Entwicklungsstand hat. Man wollte zumindest einen Einfluss auf potenzielle Spieler mit problematischem Spielverhalten nehmen. Außerdem sollen den Jugendlichen Informationen gegeben werden, wie man sich dem Thema Glücksspiel auf vernünftige Weise nähern kann. Dabei wollte man vor allem vernünftige Einstellungen und Normen entwickeln, die für das Glücksspiel nützlich sind. Des Weiteren sollen die Schüler Risiken erkennen und vor allem bewältigen können, damit sie die Möglichkeit haben, ihr eigenes Wohlbefinden zu beeinflussen. Zum Schluss wollte man auch themenrelevante Inhalte mitbehandeln. Darunter fallen Punkte wie Finanzmanagement, digitale Kompetenz oder Online Sicherheit.

Die Rahmenpläne für die Stunden im Überblick

Stundentitel Zusammenfassung Lerninhalte
1. Risikomanagement Diskussion über Techniken zur Risikobewertung von Glücksspiel unter der Berücksichtigung von Gewinnchancen und Wahrscheinlichkeiten. Problematische Überzeugungen sollen erkannt und Strategien zur Verlangsamung von Entscheidungen besprochen werden.    
  • Einschätzung von Risiken
  • Beeinflussung von Entscheidungen durch persönliche Überzeugungen oder Gefühle in riskanten Situationen
  • ABC-Modell der Widerstandsfähigkeit  
2. Umgang mit impulsiven Entscheidungen Walter Mischels Marshmallow-Test zum Verstehen von impulsivem Verhalten.
  • Erkennen von impulsivem Verhalten
  • Wege zum Umgang mit impulsiven Verhalten
3. Hilfe für Menschen mit Spielsucht Den Schülern wird gezeigt, wie man riskantes Spielverhalten erkennen kann.
  • Mögliche Probleme durch Glücksspiel
  • Hilfsangebote für Spielsüchtige
4. Umgang mit der Werbung der Gaming-Industrie Fiktionale Glücksspielwerbung wird analysiert.
  • Werbestrategien der Industrie

Das „Adversity Beliefs Consequences“ (ABC)-Modell

Es handelt sich beim ABC-Modell um einen Ansatz zum Aufbau psychischer Widerstandskraft (Resilienz) bei jungen Menschen. Es handelt sich um die Kernkomponente des Penn Resiliency Program, das an der Pennsylvania University entwickelt wurde und dessen Wirksamkeit in mehreren Studien belegt werden konnte. Es steht für:

  • A - Activating event (aktivierendes Ereignis)
  • B - Beliefs in that moment (Überzeugungen in diesem Moment)
  • C - Consequence (Konsequenz), Emotionen der Person während des Moments und die verursachten Handlungen

Wichtig ist dabei, dass den Schülern vor Augen gehalten wird, dass die eigenen Überzeugungen einen großen Einfluss auf die Gefühle und das Verhalten haben. Sie sollen erkennen, dass es sich beim aktivierenden Ereignis lediglich um einen kleinen Anstoß handelt, dem man entgegenwirken kann. Durch die Reflexion über die eigenen Gefühle und das Verhalten sowie die Überzeugungen, welche dazu führten, kann man den Entscheidungsprozess verlangsamen.

Aus den Unterlagen von Demos geht jedoch hervor, dass sowohl für Lehrer als auch Schüler das Begreifen der Komplexität des Systems in relativ kurzer Zeit eher schwierig war.

Walter Mischels Marshmallow-Test

Dieser Test wurde von Professor Walter Mischel zum ersten Mal an der Standford University durchgeführt. Ein Kind wurde in einen Raum ohne Ablenkung gebracht. Auf einem Tisch lag ein Marshmallow. Dem Kind wird ein Angebot gemacht, es kann das Marshmallow sofort essen, oder 15 Minuten warten und einen Zweiten erhalten. Für die Entscheidung wird das Kind allein gelassen (zeitweise gab es Werbung für Ü-Eier, die den gleichen Versuch nutzte).

Es hat sich bei Langzeitstudien herausgestellt, dass 4-Jährige, die gelernt haben, ihr impulsives Verlangen zu steuern, im späteren Leben deutlich bessere Chancen im Bereich Bildung und ein besseres Stressmanagement vorweisen können. Ein Testvideo des Versuchs soll den Jugendlichen den Zugang zum Experiment vereinfachen, zudem wird in der Stunde über Methoden zur Beeinflussung des impulsiven Verlangens geredet:

  • Vermeidung solcher Situation
  • Reduzierung der Risiken durch Erinnerung an die Belohnung
  • Analyse der Situation (z. B. mit ABC-Modell)
  • Selbstgespräch als Entscheidungshilfe, das die Person an ihr eigenes Verlangen erinnert

Ergebnisse des Pilotprojektes

Um halbwegs objektive Ergebnisse über den Nutzen vorweisen zu können, wurden eine Vor- und Nachbefragung der Schüler durchgeführt, damit man die Entwicklung durch den Unterricht nachvollziehen kann. Die Ergebnisse der Umfrage wurden Meinungen einer Vergleichsgruppe gegenübergestellt, die den Unterricht im Bereich Glücksspiel nicht erhalten hat.

Nach 12 Monaten ließ sich im Bereich der Nutzung von Glücksspiel lediglich festhalten, dass Kartenspiele um Geld an Attraktivität bei den Schülern verloren haben, die an dem Pilotprojekt teilgenommen haben. Um 7 % sank die Teilnehmerzahl hier gegenüber der Vergleichsgruppe.

Ansonsten konnte man vor allem feststellen, dass der Anteil der Schüler gestiegen ist, die erklären können, welche Hilfemöglichkeiten ein Spielsüchtiger hat. Um 20 % stieg der Anteil. Außerdem stieg der Anteil der Schüler, die Maßnahmen zur Verzögerung von Belohnungen kennen, um 11 %. Einen Zuwachs um 10 % konnte man auch verzeichnen, wenn es um das Erkennen von Werbetricks durch die Glücksspielindustrie geht.

Man hat auch Feedback von den Schülern und Lehrkräften zum Projekt bekommen. Die meisten Schüler waren der Meinung, dass sie in diesem Bereich noch nicht genügend aufgeklärt waren und kein Wissen über das ganze Thema hatten. Allerdings sehen viele Spielsucht nicht als ein für sie relevantes Risiko, sodass es den Lehrern relativ schwerfiel, den Schülern dieses Thema als wichtig zu vermitteln. Hier sehen auch die Initiatoren des Projektes den größten Handlungsbedarf.

Eine der Lehrkräfte bemerkte sogar, dass das Projekt das Gegenteil bewirken könnte, da die Schüler mit der Welt des Glücksspiels vertraut gemacht werden und sie vielleicht ausprobieren wollen. Die Bekanntheit wird folglich erst einmal gesteigert, auch wenn man den Jugendlichen Instrumente für das verantwortungsvolle Spielen mit auf den Weg gibt.

Fazit zur Spielsuchtprävention in Schulen

Derzeit handelt es sich um das einzige Glücksspiel-Bildungsangebot in britischen Schulen. Die Organisation Demos hält die Spielsuchtprävention in Schulen für ähnlich wichtig wie die Aufklärung in den Bereichen Drogen, Alkohol und Sex. Den Machern geht es vor allem darum, dass der Entstehung einer Spielsucht im späteren Verlauf der Entwicklung vorgebeugt werden soll. Zumindest kleinere positive Ergebnisse konnte man in diesem Bereich auch erzielen.

Darauf aufbauend fordert Demos die britische Regierung nun auf, Spielsuchtprävention als festes Fach im Rahmen der Fächergruppe Persönlichkeitsentwicklung, Sozialwissenschaften, Gesundheit und Wirtschaft aufzunehmen. Die Ergebnisse und verbessertes Material stellt man kostenfrei online zur Verfügung.

Du hast Fehler in unseren Daten entdeckt?

Um einen Fehler zu melden, musst du dich zuerst kostenlos .

Wie gefällt dir der Artikel?

0 Kommentare zu: Pilotprojekt in Großbritannien: Spielsuchtprävention als Schulfach

Kommentar verfassen

Unsere Community lebt von deinem Feedback – also, mach mit!

Du möchtest selbst Kommentare auf GambleJoe schreiben? Dann erstelle dir einfach ein GambleJoe Benutzerkonto.

  • Hochladen von eigenen Gewinnbildern
  • Bewerten von Online Casinos
  • Benutzung der Kommentarfunktion
  • Beiträge im Forum schreiben
  • Und vieles mehr