Legalisiert Brasilien nun endlich den Glücksspielsektor?

Gemessen an den Einwohnern ist Brasilien der sechstgrößte Staat der Erde. Das Land fasziniert die Menschen dabei nicht nur aufgrund der beeindruckenden Landschaften und exotischen Tierwelten. Vielen ist gar nicht bewusst, dass Glücksspiel (bislang) bis auf wenige Ausnahmen im gesamten Land verboten ist. Zuletzt gab es allerdings immer mehr Initiativen, die die Legalisierung des Glücksspielsektors im südamerikanischen Staat fordern.

Inzwischen gibt es zwar viele Befürworter dieser Initiativen, aber ein großer Gegner steht noch im Weg: die Kirche. Die weltweite Coronakrise hat Brasilien dabei bereits seit vielen Monaten fest im Griff. Vor allem für die Wirtschaft des Landes hat das verheerende Auswirkungen. Ist nun deshalb endlich der Zeitpunkt für die Legalisierung des Glücksspielsektors gekommen, um dadurch die Steuereinnahmen zu erhöhen und die Wirtschaft zu stärken?

Sportwetten in Brasilien bereits weitgehend legalisiert

Der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro hat bereits den Weg dafür freigemacht, den nationalen Sportwettensektor schon bald zu privatisieren. Dafür hat er ein Dekret unterzeichnet, mit dem Sportwetten formell in das Angebot des Investitionspartnerschaftsprogramms (PPI) aufgenommen werden. Bislang sah die Situation in Brasilien so aus, dass Sportwetten nur von der nationalen Bank CAIXA vertrieben werden durften. Durch die geplante Öffnung bzw. Privatisierung des Sportwettensektors erhofft sich die Politik zusätzliche Steuereinnahmen in Milliardenhöhe. Zum aktuellen Zeitpunkt arbeitet man bereits an einem Lizenzverfahren für private Sportwettenanbieter.

Landbasierte Spielbanken ebenfalls bald erlaubt?

Die Abschaffung des Staatsmonopols bei Sportwetten könnte der erste Schritt dafür sein, den gesamten Glücksspielsektor im Land zu privatisieren. Aus Richtung des nationalen Tourismusministeriums werden deshalb Rufe lauter, auch landbasierte Spielbanken und Spielhallen zeitnah zu legalisieren. Das Ministerium stellt sich konkret gigantische Casino-Resorts vor, die ähnlich wie in Glücksspielmetropolen wie Las Vegas Tausende Touristen aus dem In- und Ausland anlocken sollen. Damit sollen die wirtschaftlichen Folgen der Coronapandemie abgefedert werden, da neue Steuereinnahmen generiert werden können. Auch in dieser Hinsicht hat sich Präsident Bolsonaro immer offener gezeigt. Laut dem brasilianischen Magazin Gazeta Esportiva habe der zuständige Minister für Tourismus bereits damit begonnen, einen praktischen Umsetzungsplan zu konzipieren.

Durch die Legalisierung der landbasierten Spielstätten erhofft man sich in Brasilien zusätzliche Steuereinnahmen in Höhe von mehr als drei Milliarden Euro. Zudem sei es wichtig, den Glücksspielsektor zu regulieren bzw. zu legalisieren, um das illegale Angebot von Glücksspielen einzudämmen. Fraglich ist, ob das Konzept „Mit Glücksspiel aus der Krise“ tatsächlich tragfähig ist. Schließlich birgt die Legalisierung des Glücksspielsektors auch Gefahren. So könnte ohne eine ausreichende Aufklärung und Prävention die Spielsucht schnell an Bedeutung gewinnen. Um das zu verhindern, ist eine effiziente Regulierung mit strengen Spielerschutzvorschriften erforderlich. Parallel dazu könnte die Legalisierung der landbasierten Glücksspielstätten dazu beitragen, dass illegale Aktivitäten wie zum Beispiel Geldwäsche erschwert werden.

Glücksspielmarkt wird weltweit immer bedeutsamer

Nicht nur in Brasilien hat man die Chancen des Glücksspielmarktes erkannt. Seit Jahren steigen die Umsätze, die mit Glücksspiel generiert worden sind, immer weiter an. Während der weltweite Umsatz im Casino-Glücksspielmarkt im Jahr 2006 noch 99,88 Milliarden US-Dollar betrug, waren es nur wenige Jahre später 2010 bereits 117,58 Milliarden US-Dollar. Seither steigen die Zahlen immer weiter, wobei 2015 mit 182,77 Milliarden US-Dollar ein neuer Höchstwert erreicht wurde (Quelle: Statista). Die folgende Tabelle zeigt die Entwicklung des weltweiten Glücksspielumsatzes in US-Dollar:

Quelle: Statista

Glücksspiel in Brasilien – ein Umbruch steht bevor

Aktuell leben mehr als 211 Millionen Menschen in Brasilien, womit es sich gemessen an der Bevölkerung, um den sechstgrößten Staat der Erde handelt. Umso erstaunlicher ist es vor allem für Menschen in Europa, dass Glücksspiel über einen so langen Zeitraum weitgehend verboten war. Einzig und allein über das staatliche Monopol haben die Brasilianerinnen und Brasilianer die Möglichkeit, Glücksspiel zu betreiben. Da viele Menschen natürlich trotzdem die Sehnsucht verspürt haben, am Glücksspiel teilzunehmen, flüchteten diese nicht selten zu illegalen Anbietern. Mit der geplanten Öffnung des Glücksspielmarktes hätte Brasilien die Chance auf eine positive Entwicklung in der Glücksspielbranche. Fraglich ist, ob die Menschen in Brasilien sich ihrer Verantwortung bewusst wären und verantwortungsvoll spielen würden. Doch sofern ausreichend Schutzmechanismen entwickelt werden würden und die Regulierung streng nach den Vorschriften erfolgen würde, müsste man sich im Grunde genommen keine Gedanken über eine negative Entwicklung machen. Unklar ist bislang allerdings noch, wie Brasilien mit dem boomenden Online-Glücksspielmarkt umgehen will. Bislang beschränkt sich die Diskussion nämlich vordergründig auf die Legalisierung landbasierter Glücksspielstätten sowie auf den stationären Sportwettenmarkt.

Und wie sieht es in Deutschland aus?

Hierzulande ist der Glücksspielmarkt bereits seit langer Zeit geöffnet und zumindest teilweise privatisiert. Im Jahr 2006 stellte das Bundesverfassungsgericht fest, dass ein staatliches Monopol für Sportwetten einen Eingriff in das Grundrecht auf Berufsfreiheit der privaten Wettanbieter darstellt. Inzwischen gibt es einen mehrfach überarbeiteten Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV), der das Veranstalten von Glücksspiel hierzulande regeln soll.

Fazit

Es ist ein interessanter Vorstoß des brasilianischen Ministeriums, mit der Legalisierung des Glücksspielsektors gegen die wirtschaftlichen Folgen der Coronapandemie kämpfen zu wollen. Es liegt auf der Hand, dass mit der Liberalisierung der landbasierten Spielbanken beachtliche Steuereinnahmen generiert werden würden. Schätzungen gehen von einem jährlichen Steuervolumen in Höhe von über drei Milliarden US-Dollar aus. Nichtsdestotrotz sollte die Abschaffung des staatlichen Glücksspielmonopols keinesfalls zu überstürzt erfolgen, damit ausreichend Zeit bleibt, um ein funktionierendes Lizenzverfahren zu entwickeln. Den ersten Schritt hat Staatsoberhaupt und Regierungschef Jair Bolsonaro bereits damit getan, den Sportwettenmarkt zu öffnen. In einem weiteren Schritt könnte dann auch der landbasierte Glücksspielsektor legalisiert werden. Und dann könnte man als Tourist in Brasilien wahrscheinlich schon bald den Bau der ersten Casino-Resorts beobachten. Vor allem Städte wie São Paulo oder Salvador da Bahia könnten damit ihr Potenzial nutzen und sich ähnlich wie Las Vegas zu Glücksspielmetropolen von bedeutsamer wirtschaftlicher Bedeutung entwickeln.

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