Das Glücksspiel-Unternehmen Gauselmann fordert alle Online Casinos auf, die Merkur-Spiele nicht mehr ohne Lizenz auf dem deutschen Markt anzubieten. In der Branche herrscht derzeit große Aufruhr, einige Internetspielhallen haben die Games bereits in der letzten Woche für deutsche Spieler aus dem Sortiment entfernt.

Im Zuge der „Paradise Papers“ gab es viel schlechte Publicity für den Glücksspiel-Konzern Gauselmann. Jetzt hat Paul Gauselmann seine Anwälte damit beauftragt, von allen Online Casinos, die mit der Firmengruppe zusammenarbeiten, zu verlangen, dass die Merkur-Automatenspiele nicht mehr ohne Lizenz auf dem deutschen Markt angeboten werden. Die Unternehmensgruppe bestreitet derzeit, dass der jetzige Schritt etwas mit Enthüllungen der vergangenen Woche zu tun hat. Doch welche Auswirkungen hat dieser Schritt oder ist es lediglich blinder Aktionismus beziehungsweise gar eine Fake News, um auf sich aufmerksam zu machen?

Was passiert derzeit in der Internet-Glücksspielbranche?

Gegenüber NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung hat die Gauselmann Firmengruppe erklärt, dass man beschlossen habe,

„im Hinblick auf die rechtlich zulässigen Online-Aktivitäten der Unternehmensgruppe bei Ihren Lizenznehmern erneut auf die geltende Rechtslage hinzuweisen sowie auf deren Einhaltung hinzuwirken.“

Die lizenzierten Spiele der Unternehmensgruppe dürfen wohl in der Bundesrepublik Deutschland für den Endkonsumenten nicht mehr angeboten werden. Falls die Kunden der Merkur-Spiele dem nicht nachkommen, drohe die Kündigung des jeweiligen Lizenzvertrages für Deutschland und falls es technisch sowie rechtlich möglich sei, die Abschaltung des Angebotes.

Den Anbietern wurde laut Süddeutscher Zeitung von Herrn Gauselmann eine recht kurze Frist bis vergangenen Montag gesetzt. Die Branche ist derzeit in Aufruhr und einige Online Casinos haben bereits reagiert und die Merkur-Spiele für Spieler aus Deutschland bis auf Weiteres aus dem Angebot genommen.

Bei Casumo, Monte-Carlo Casino, LV BET, Rizk und Dunder wurden die Merkur-Spiele bereits letzte Woche entfernt. Sunmaker, CherryAutomaten, Wunderino, Lapalingo, LeoVegas, CasinoClub, Queen Vegas, Platincasino, Mr Green, DrückGlück und EnergyCasino haben bisher nichts unternommen. Eine der größten Veränderungen gab es bei stake7 - hier hat man zwar immer noch die Games von Merkur - man nutzt aber nicht mehr die Sonne als Werbezeichen, außerdem hat man den Werbespruch „Made in Germany“ entfernt. Stattdessen hat man „Let us entertain you“ eingefügt, was an den Slogan eines privaten Fernsehsenders erinnert.

Zwar gibt es große Unruhe in der Branche, aber bisher hat sich noch nicht allzu viel getan. Man versucht, möglichst viel Ruhe zu bewahren, da noch keine genauen weiteren Vorgehensweisen bekannt sind und die Online-Casinos derzeit das meiste aus der Presse erfahren, sie selber haben keine Kenntnisse über die möglichen Konsequenzen in naher Zukunft.

Was hat zu der Entscheidung der Gauselmann-Gruppe geführt?

Das Unternehmen selbst gibt an, dass es nichts mit den Paradise Papers zu tun habe.

Es verweist vor allem auf ein neues Urteil des Leipziger Bundesverwaltungsgerichts von Ende Oktober zum Thema Online Glücksspiel. Bisher gibt es allerdings nur eine Pressemitteilung zum Gerichtsverfahren, eine Begründung der Entscheidung, die Gewissheit über die Auswirkungen des Urteils geben würde, steht noch aus.

Die rechtlichen Grundlagen haben sich folglich bisher noch nicht geändert - das Glücksspiel im Internet ist immer noch eine Grauzone, die für Spieler und Betreiber nicht strafrechtlich verfolgt wird.

Insider aus der Szene sind viel mehr der Meinung, dass Paul Gauselmann selbst für die Entfernung der Merkur-Spiele aus dem Online-Markt verantwortlich ist - teilweise seien die Manager der Unternehmensgruppe gegen diesen Vorstoß.

Imageschaden des Automatenkönigs zu groß?

Der 83-jährige Paul Gauselmann ist immer noch Vorstandssprecher seiner Firmengruppe und Vorsitzender des Verbandes der Deutschen Automatenindustrie e.V. Er ist in Münster aufgewachsen, hat nach dem Abschluss der Volksschule den Beruf des Fernmelderevisors erlernt und stieg 1956 in das Musikboxengeschäft ein. Verschiedene Patente hatte er in der Zeit beantragt, ab 1972 begann die Produktion von Geldspielgeräten unter der Führung Gauselmanns, 1974 eröffnete er die erste Spielothek in Delmenhorst.

In der Vergangenheit wurde er manchmal als „Automaten-Papst“ oder „Daddel-König“ bezeichnet. 200 eigene Merkur-Spielotheken in Deutschland und 200 Filialen unter dem Namen Merkur-Casinos in 8 europäischen Ländern sind durchaus beeindruckend. Die ganze Unternehmensgruppe Gauselmann hat 2016 fast 10.500 Mitarbeiter beschäftigt - außerdem wurde ein Umsatz von mehr als 2,5 Milliarden Euro generiert. Die Firmengruppe gilt aus diesem Grund heute als größter Anbieter aus Ostwestfalen.

Er selbst gibt sich in Interviews immer höflich, teilweise in Samt und Seide gekleidet. Die Interviewer beschreiben ihn häufig als sympathisch und charismatisch. Sein Bundesverdienstkreuz, das Gauselmann 1993 um die Verdienste der Deutschen Automatenwirtschaft erhalten hat und welches 2013 zu einem Kreuz 1. Klasse aufgewertet wurde, trägt er in Interviews gern und setzt es in Szene.

Als Wohltäter möchte er erscheinen. Seiner Ansicht nach sollte jemand, der viel verdient, auch etwas an die Anderen abgeben. Mittlerweile gibt es deshalb die Paul und Karin Gauselmann Stiftung mit 10 Millionen Euro Stiftungskapital. Außerdem wurde die Stiftung Kinderfamilien-Hilfe mit 1 Million Euro Kapital 2008 gegründet. Gemessen am Umsatz der Firmengruppe ist dies sicherlich nur ein geringer Betrag.

In der Vergangenheit gab es immer wieder Kritik - vor allem 2011 durch Parteispenden von Gauselmann, deren Gesamtbetrag seit 1990 1 Million Euro betragen haben soll. In den vergangenen Wochen wurde durch die „Paradise Papers“ das erfolgreiche Saubermann-Image erneut beschädigt - teilweise wurde er als „Offshore-Automatenkönig“ betitelt, ein Beitrag dazu wurde auf GambleJoe bereits veröffentlicht.

Zum 60-jährigen Jubiläum der Gauselmann-Gruppe werden dem 83-Jährigen diese negativen Schlagzeilen sicher nicht schmecken. Auch wenn es bei der Berichterstattung einige Mängel gibt, ist er nun einmal mehr in dubiose Geschäfte verwickelt und sein guter Ruf, den er zumindest zu haben glaubt, steht auf dem Spiel. Eitelkeit ist oftmals eine Triebfeder menschlichen Handels und könnte auch in diesem Falle eine große Rolle spielen. Warum sonst sollte der große Automatenkönig schwach werden und sein Anführer-Gen verlieren?

Ich habe so ein Anführer-Gen. Vielleicht, weil ich bei meiner Tante und meinem Onkel groß geworden bin, als einziger unter meinen Geschwistern. Ich hatte deshalb immer den Wunsch zu beweisen, was in mir steckt. Meine Tante hat gesagt: Du musst der Beste sein. Daran habe ich mich gehalten. (Quelle: Berliner Zeitung)

Hat der Herr Gauselmann vielleicht erkannt, dass er im Internet nicht mehr der Beste sein kann? Die Konkurrenz in den Online-Casinos an Automatenherstellern ist deutlich größer als in der Spielhalle oder der Spielbank. Es gibt mehr als nur Novoline und Bally Wulff. NetEnt, Microgaming sowie Big Time Gaming stellen teilweise Spiele mit hochwertigerer Grafik her und vor allem mit einem abwechslungsreicheren Gameplay - an das die klassischen Merkur-Slots derzeit nicht mehr heranreichen. Außerdem werden von anderen Softwareherstellern Slots zu Filmen oder Bands herausgebracht - Marken-Spiele, mit denen die Games von Gauselmann kaum noch mithalten können.

Der Rückzug aus dem Online-Markt ist folglich auch ein Eingeständnis dieser Situation - vielleicht erkennt der „Automatenkönig“, dass er diesen Wettbewerb nicht gewinnen kann und zieht sich so zurück, damit der Imageschaden sowie die persönliche Niederlage möglichst gering bleiben.

Wie sieht eine Online Glücksspielwelt ohne Merkur aus?

Sicherlich werden kurzfristig einige Online Casinos einen Schaden erleiden, aber letztlich haben bereits jetzt viele Anbieter umgedacht. Teilweise finden sich Games von Bally Wulff, die ebenso aus den Spielhallen bekannt sind und teilweise dem Aufbau der Merkur-Slots entsprechen.

Gewiss wird es kurzzeitig zu einer Verunsicherung der Spieler führen, aber solange sich die rechtliche Situation beim Online Glücksspiel nicht grundlegend ändert, wird es Angebote für den deutschen Markt geben und es werden sich Anbieter finden, die Merkur-Slots klonen, wie es bereits bei den Novoline-Automaten der Fall ist. Prominentestes Beispiel ist an dieser Stelle sicherlich der Automat „Rich Wilde and the Book of Dead“, was die Spieler stark an „Book of Ra“ erinnert.

Das Online-Glücksspiel ist unter den Spielern etabliert, folglich werden auch in Zukunft die Internetcasinos gut besucht werden. Wenn alle Merkur-Automaten plötzlich weg sind, werden die Spieler andere Games nutzen, wobei sich beispielsweise Big Time Gaming Slots wie Bonanza bereits jetzt immer größerer Beliebtheit erfreuen. Softwarehersteller wie NetEnt, Microgaming, Novoline & Co. werden sich wahrscheinlich freuen, dass Gauselmann ihnen das Geschäftsfeld überlässt. Solange das Online Glücksspiel eine rechtliche Grauzone bleibt, wird sich an dieser Situation nichts ändern.

Kurze Stellungnahme zur „veränderten rechtlichen Situation“

In einem anderen Artikel wurde bereits dargelegt, dass zwar nach deutschem Recht Online Glücksspiel verboten ist, aber laut EU-Recht gibt es den Grundsatz der Dienstleistungsfreiheit, der in der Vergangenheit bereits zur Überarbeitung des Glücksspielstaatsvertrages geführt hat. Wenn die Medien von den illegalen Internetcasinos ohne Lizenz reden, bilden sie nur Halbwahrheiten ab, die man teilweise auch als Falschmeldungen bezeichnen könnte.

Prof. Dr. Marc Liesching, der Professor für Medienrecht und Medientheorie an der HTWK Leipzig ist, hat die Situation dabei in einem Artikel recht umfassend dargestellt. Er gibt unter anderem zu bedenken, dass die Bundesländer es bis heute noch nicht geschafft haben, eine Glücksspielgesetzgebung auf den Weg zu bringen, die zu einer Regulierung des Schwarzmarktes führt und die als EU-rechtskonform angesehen werden kann.

Der Entwurf des 2. Glücksspielstaatsvertrags kann nicht umgesetzt werden, da die Einigkeit in den Bundesländern fehlt - der Alleingang der Regierung in Schleswig-Holstein steht auch für die Aufhebung des Totalverbots beim Online Glücksspiel.

Wenn man bei den diversen Berichten immer wieder von illegalen Casinos spricht, muss man auch sagen, dass die meisten über eine gültige Lizenz in den jeweiligen EU-Mitgliedsstaaten verfügen - laut Rechtsprechung des EuGHs ist hier auch der Grundsatz der Dienstleistungsfreiheit zu beachten. Daher ist es rechtlich auch nicht geklärt, ob Banken, welche die Zahlung abwickeln, sich strafbar machen.

Im Übrigen zahlen die Online Casinos auch Steuern an den deutschen Staat. Für jeden Euro, der eingezahlt wird, werden 19 % Umsatzsteuer erhoben, die die Anbieter auch nicht zurückbekommen oder steuerlich absetzen können. Gewiss, gegenüber der Spielbankabgabe von ungefähr 80 % der Bruttospielerträge ist dies relativ wenig, dennoch verdient der Staat an den Online Casinos mit EU-Lizenz mit.

Sicherlich gibt es eine Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichtes zum Urteil vom 26. Oktober 2017, aus der hervorgeht, dass das Verbot über das Veranstalten von Casino-, Rubbellos-, und Pokerspielen mit dem Verfassungs- und Unionsrecht vereinbar ist. Letztlich liegt zu diesem Urteil bisher keine Begründung vor, und bis es einen europarechtskonformen Glücksspielstaatsvertrag gibt, handelt es sich beim Online Glücksspiel weiterhin um eine Grauzone.

Die Forderung vieler Juristen und Online-Casino-Betreiber an deutsche Politiker ist es daher, endlich einen Regulierungsrahmen für das Glücksspiel im Internet zu schaffen. Das Staatsmonopol kann nicht mehr aufrechterhalten werden und eine Regulierung mit entsprechendem Spielerschutz ist schon seit Längerem erforderlich.

Ein Totalverbot wird Spielsüchtige nicht von der Nutzung der Online Games abhalten - es gibt Bitcoin-Casinos oder Anbieter mit Lizenz aus Curacao, sodass es immer im Internet eine Möglichkeit zum Spielen geben wird. Eine ordentliche und durchdachte Regulierung des Online Glücksspielmarktes könnte den Spielerschutz stärken.

Am besten wäre ein regulierter Markt, in dem festgeschrieben ist, dass man sich bereits bei der Registrierung verifizieren muss, um überhaupt erst einzahlen zu können. Des Weiteren sollten keine Spiele zum Spaß ohne Registrierung angeboten werden dürfen, um das Einhalten des Jugendschutzes zu gewährleisten. Schlussendlich braucht es aber auch ein einheitliches Sperrsystem, dem alle Internetanbieter angeschlossen sein müssten, damit ein Spielsüchtiger nicht einfach zur nächsten Online Spielhalle gehen kann. Im Bereich der Promotionen sollte auch über Einschränkungen nachgedacht werden, damit Spieler nicht auf unseriöse Bonusangebote, die wir vor einiger Zeit schon beleuchtet haben, hereinfallen können.

Fazit: Große Aufregung, aber es wird weitergehen

Die „Paradise Papers“ dienen der Gauselmann-Gruppe, um sich mit einer guten Begründung aus dem Markt zurückzuziehen. So muss sich keiner in der Leitungsebene eingestehen, dass die Konkurrenz im Internet viel zu groß ist und die Spiele der anderen Softwarehersteller mit besserer Grafik und innovativeren Spielideen aufwarten.

Viele Spieler aus den Spielotheken nutzen mittlerweile auch das Internet, aber sehen sich derzeit nach besseren Alternativen um und finden teilweise Gefallen an den neuen und moderneren Slots der anderen Softwarehersteller. Der Automatenkönig muss erkannt haben, dass er mit den derzeitigen schlichten Spielen im Internet nicht bestehen kann und tritt den Rückzug an, bevor die Niederlage anhand von Umsatzzahlen der breiten Öffentlichkeit deutlich wird.

Solange das Spielen im Internet in Deutschland nicht verfolgt wird, werden sich Softwarehersteller finden, die die Gewohnheiten der Kunden erkennen und ihnen Spiele anbieten, die ihnen gefallen. Bally Wulff steht beispielsweise in den Startlöchern und stellt eine große Konkurrenz für Merkur-Games im Online Bereich dar - in den letzten Tagen wurden beispielsweise die Red Hot Firepot Spiele online gestellt. Trotz Ungewissheit seitens der politischen und rechtlichen Lage, verbessert die Branche ihr Angebot und baut es weiter aus. Beispielsweise hat CherryAutomaten am Mittwoch El Torero in ihr Produktportfolio mit aufgenommen.

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3 Kommentare zu: Keine Merkur-Games mehr für deutsche Online-Spieler

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Also sollte das wirklich kommen das ich nicht mehr Gold of Persia, Magic Mirror , Dreagons Treasure und El Torero spielen kann dann stinkt mich das an. Aber bis jetzt glaube ich das noch nicht.
Avatar von Anonym
Weil du Bally Wulff erwähnst, gehören die nicht inzwischen zu Merkur?
Laut eigenen Angaben gehört Bally Wulff seit 2007 zur Schmidt-Gruppe. Diese Firmengruppe wurde 1985 von Ulrich Schmidt gegründet. Er hatte wohl in der Gauselmann-Gruppe gearbeitet und sich dann selbstständig gemacht.

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