In Kanada haben Professoren ein Pilotprojekt im Bereich der Spielautomaten gestartet. Inspiriert von den Nährwert-Tabellen wollten sie prüfen, was geschieht, wenn man den Spielern direkt vor Augen führt, wie ihre Chancen auf einen Gewinn sind.

Dr. Kevin Harrigan ist Ansprechpartner des Gambling Research Lab der kanadischen Universität von Waterloo. Als Psychologe beschäftigt er sich seit mehr als 17 Jahren mit dem Glücksspiel und geht dabei vor allem der Frage nach, warum so viele Menschen Geldspielgeräte nutzen.

Er hat zudem vor Kurzem ein 3-monatiges Pilotprojekt mit seinem Kollegen Dan Brown gestartet. Inspiriert von dem Erfolg der Nährwert-Tabellen wollten sie wissen, wie sich das Spielverhalten verändert, wenn man den Spielern bei der Nutzung ihre Gewinnchancen vor Augen hält. Sie haben ein einfaches Label entwickelt und dann mit der Genehmigung von Spielhallenbetreibern diese Labels an 250 Spielautomaten angebracht. Teilweise haben sie Ergebnisse beobachtet, mit denen sie so nicht gerechnet haben.

Die Hintergründe des Projekts

Kevin Harrigan hat Karriere gemacht, indem er sein Leben den Spielautomaten widmete. Dabei wollte er nicht wie Spieler den Jackpot knacken, sondern untersuchen, warum Spielautomaten so ein Massenphänomen sind.

Laut seiner Ansicht sind es meist relativ einfache zweidimensionale Videospiele, die dennoch Menschen süchtig machen und somit zu großen finanziellen oder persönlichen Problemen führen können. Im Gegensatz zu richtigen Computerspielen stellte er fest, dass hier keinerlei Fähigkeiten belohnt werden, sondern lediglich das Glück entscheidet. Um die Gewichtung des Zufalls zu verstehen, wollte er erst einmal die Slot Machines an sich verstehen, wie sie aufgebaut sind und wie sie den Spieler psychisch beeinflussen.

Bei seinen Betrachtungen hat er vor allem zwei Dinge mehrfach kritisiert, die einen großen Einfluss auf den Spieler haben und dazu führen, dass er länger an den Geldspielgeräten spielt. Zum einen kritisierte er die hellen Lichter und feierlichen Klänge bei relativ kleinen Gewinnen. Sie sollen den Spieler teilweise ablenken, sodass er nicht mitbekommt, dass er von einem eingesetzten Dollar nur 80 Cent zurückbekommen hat. Es handelt sich in diesem Fall um einen als Gewinn verkleideten Verlust. Diese Art der Gewinne wird seiner Ansicht nach durch die Spieler immer überschätzt.

Zum anderen kritisiert er die Taktik, dem Spieler den Sieg kurz vor Augen zu führen. Wenn beispielsweise 2 Symbole einlaufen, aber das Dritte vielleicht gerade ober- oder unterhalb der Walze stehen bleibt, könnte der Spieler denken, dass er kurz vor dem Gewinn ist. Es gebe genügend Nachforschungen in Casinos, die belegen, dass viele Spieler denken, der Gewinn sei zum Greifen nahe und dadurch eher weiterspielen. Er betont daher immer, dass man jeden Spin mathematisch gesehen unabhängig vom Vorherigen sehen sollte, sodass letztlich der Ausgang völlig offen ist.

Dieses Phänomen hatte er bereits am Anfang seiner Karriere bei richtigen Walzen-Automaten betrachtet, durch die digitalen Automaten ist ihm aufgefallen, dass dieses Phänomen teilweise bis zu 12-mal häufiger auftritt als früher.

Die eigentliche Idee

Kevin Harrigan fand diese Entwicklung dem Spieler gegenüber unfair und wollte ihm etwas an die Hand geben, damit er auch weiß, worauf er sich bei der Nutzung der Geldspielgeräte einlässt. Durch den Kollegen Dan Brown wurde er auf den Erfolg "Facts Up Front" –Nahrungsetiketten in den USA aufmerksam. In den Vereinigten Staaten wurden auf der Vorderseite von Lebensmittelverpackungen den Käufern Kalorien-, Fett-, Natrium- und Zuckergehalt ihrer Lebensmittel aufgezeigt. Dort hatte sich gezeigt, dass man mit solchen Aufklebern das Konsumverhalten durchaus beeinflussen kann. Die beiden wollten nun wissen, ob sich das auch auf Spielautomaten anwenden lässt.

Sie haben eigene Etiketten in einem schlichten und leicht verständlichen Design entworfen. Um die Labels außerhalb des Labors zu testen, traten sie an die Ontario Lottery and Gaming Corporation heran und baten um Unterstützung bei der Umsetzung.

Der Glücksspielbetreiber war von der Idee nicht abgeneigt und ließ die Forscher ein Konzept mit Informationen ausarbeiten, die Spieler brauchen könnten. Anschließend wurden die Labels an 250 Automaten angebracht. Sie beinhalteten folgende Informationen:

  • Angaben zur Varianz: Der Spieler sollte wissen, ob das Game kleine Auszahlungen häufiger oder größere Auszahlungen, aber seltener gewährt.
  • Die Chance zum Erhalt der Bonusrunde: Für den Spieler ist es von Interesse, wie oft er im Durchschnitt mit Freispielen oder anderen Bonusgames rechnen darf.
  • Die Rückzahlungsquote: Wobei man sich hier für einen Prozentsatz der Wetten entschieden hat, die an das Casino gehen.

Ein einfaches Label mit zunächst 3 wichtigen Informationen. Sie wurden am Grand River Raceway in Elora, einer Gemeinde in der Provinz Ontario getestet.

Die ersten Ergebnisse nach 3 Monaten

Man hat einige Spieler nach Anbringung der Labels darüber befragt. Es ließ sich festhalten, dass die Spieler die Volatilität der Spielautomaten besser erfassen könnten. Außerdem waren sie sich bewusst, bei welchen Games das Casino theoretisch einen größeren Gewinn auf lange Sicht gesehen macht.

Im Bereich des Spielverhaltens gab es jedoch keine positiven Auswirkungen. Die Forscher hatten mit einer Verringerung der Teilnahme am Glücksspiel gerechnet. Allerdings haben die Untersuchungen gezeigt, dass bei Spielern, die ein problematisches Spielverhalten zeigen, die Labels sogar für eine Steigerung des Einsatzes sorgten.

Erklärungsansätze für die gemachten Ergebnisse

Mit den ersten Versuchen sind die Forscher insgesamt zufrieden, da es ein weiterer Schritt ist, um das Glücksspiel transparenter zu machen. Die Anbringung der Labels wird dennoch kritisiert, da sie nicht im Blickfeld des Spielers beim Spielen selbst waren. Man musste den Kopf leicht neigen, um sie zu sehen. Harrigan ist der Meinung, dass Pop-up Infos auf den Bildschirmen oder kurze Videos vor dem Beginn der Games vielleicht eindrücklicher wären, zumindest zeigen Studien aus Australien, dass so etwas erfolgreich sein kann.

Die meisten Spieler beschrieben die Informationen als sehr hilfreich, aber scheinbar kann man vor allem das Verhalten von Spielern mit viel Erfahrung auf dem Gebiet nur schwer beeinflussen. Die Konzepte oder „Strategien“ des Spielens sind so stark verwurzelt, dass man nur schwer dagegen ankommen kann. Teilweise haben die Forscher sogar die Befürchtung, dass sich Spieler mit problematischem Spielverhalten durch die zusätzlichen Informationen eher angestachelt fühlen. Sie haben jetzt mehr Informationen über das Geldspielgerät, fühlen sich so überlegen und sind gleichzeitig zuversichtlicher, dass ein Gewinn kommen kann. Sie platzieren ihre Wetten mit einem besseren Gefühl.

Voller Erfolg für die Ontario Lottery and Gaming Corp.

Der Glücksspielbetreiber, der mit den beiden Forschern zusammengearbeitet hat, sieht die Aufklärungskampagne als vollen Erfolg. Man unterstreicht, dass man sich der sozialen Verantwortung bewusst ist. Laut dem Center for Addiction and Mental Health zeigen 250.000 Erwachsene in Ontario ein problematisches Spielverhalten. Der Glücksspielbetreiber spendet 2 % des Bruttospielumsatzes der Geldspielgeräte (ausgenommen Einnahmen aus Resort-Casinos und dem Great Blue Heron Casino) an Projekte, die Menschen mit problematischem Spielverhalten helfen sollen.

In den nächsten Monaten möchte man die Labels noch verfeinern und durch weitere Studien den Nutzen verbessern. Man schließt dabei eine Beschäftigung von externen Experten zur Durchführung der Untersuchungen nicht aus. Dennoch kommentierte die Leiterin der Strategieabteilung für soziale Verantwortung von der Ontario Lottery and Gaming Corporation, Sheona Hurd:

Ich würde dies als ein sehr erfolgreiches Projekt betrachten. Wenn dies den Spielern hilft, die Spielautomaten besser zu verstehen und besser zu verstehen, wie man einen Spielautomaten wählt, der am besten zu ihrem einzigartigen Stil passt, dann ist das erfolgreich.

Harrigan ist sich sicher, dass die Betreiber genau die psychischen Folgen vom Glücksspiel kennen und wissen, dass die Probleme real sind. Er ist der Meinung, dass die Betreiber langsam verstehen, dass sie die Kunden nicht grundsätzlich belügen oder in die Irre führen können. Sie sind gefordert, den Spielern die wichtigsten Informationen zu geben, damit sie verstehen, wie das Glücksspiel abläuft.

Bildquelle: 221480008 - Slot machines in casino © Belish

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