Casino ohne Limit - Fluch oder Segen?

Der neue Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) wird aller Voraussicht nach am 1. Juli 2021 in Kraft treten. Spätestens ab diesem Tag ist das Spielen in lizenzierten Online Spielotheken nur noch unter strengen Voraussetzungen möglich. Bereits jetzt setzen viele Glücksspielanbieter das neue Regelwerk im Rahmen der sogenannten Übergangsregelung um. Die gesetzlichen Vorschriften sehen unter anderem ein monatliches Einzahllimit in Höhe von 1.000 Euro vor.

Im neuen Staatsvertrag heißt es, dass der Spieler bei der Registrierung dazu aufzufordern ist, ein „individuelles monatliches anbieterübergreifendes Einzahlungslimit festzulegen. Das anbieterübergreifende Einzahlungslimit darf grundsätzlich 1.000 Euro im Monat nicht übersteigen“.  Dieser Aussage zufolge wird es in Zukunft kein in Deutschland lizenziertes Casino ohne Limit mehr geben. Doch für einsatzfreudige High Roller gibt es im GlüStV ein Schlupfloch. In unserem heutigen Artikel wollen wir uns mit der Frage beschäftigen, ob die neuen Regeln zum Spielerschutz mit Blick auf die Einsatz- und Einzahllimits sinnvoll sind.

Grenzenloser Spielgenuss – ein Relikt der Vergangenheit?

Über einen langen Zeitraum konnten Spielerinnen und Spieler die Privilegien des Online-Glücksspiels voll auskosten. Dazu gehörte auch die Tatsache, dass das Spielen in Online Casinos ohne Beschränkungen möglich war. Es mussten also keine starren Einsatz- oder Einzahllimits beachtet werden, sodass jeder Gambler eigenverantwortlich Limits für sich festlegen konnte. Mit dem neuen GlüStV wird diese Freiheit nun spürbar eingeschränkt. Denn der neue Staatsvertrag sieht vor, dass jeder Online-Spieler pro Monat im Regelfall höchstens 1.000 Euro einzahlen darf.

Im § 6c GlüStV heißt es hierzu über die „Selbstlimitierung“:

„Bei der Registrierung sind die Spieler dazu aufzufordern, ein individuelles monatliches anbieterübergreifendes Einzahlungslimit festzulegen. Das anbieterübergreifende Einzahlungslimit darf grundsätzlich 1.000 Euro im Monat nicht übersteigen.“

Unter Umständen kann 1.000 Euro-Einzahlgrenze umgangen werden

Dem Wortlaut zufolge könnte es demnach schwierig werden, mehr als 1.000 Euro monatlich in lizenzierten Online Spielotheken einzuzahlen bzw. zu verspielen. Doch unter bestimmten Voraussetzungen ist es auch mit dem neuen Staatsvertrag noch möglich, mehr Geld einzuzahlen. Hierzu heißt es im § 6c GlüStV weiter:

„In der Erlaubnis kann zur Erreichung der Ziele des § 1 festgelegt werden, dass und unter welchen Voraussetzungen der Erlaubnisinhaber im Einzelfall mit anbieterübergreifender Wirkung einen abweichenden Betrag festsetzen kann.“

De facto bedeutet das, dass zumindest ein niedriger prozentualer Anteil der Spielerinnen und Spieler mehr als 1.000 Euro pro Monat verspielen kann. Die Anbieter müssen nur darlegen können, dass sich der einzelne Spieler derartige Glücksspielumsätze leisten kann und dass dabei keine Spielsucht gefördert wird. Hierzu sollen beispielsweise Einkommensnachweise genutzt werden.

Vergleichsseiten werben gezielt für uneingeschränkte Spielangebote

Wer bei der Suchmaschine nach „Casino ohne Limit“ oder noch spezieller nach „Casinos ohne 1 Euro Einsatz Limit“ bzw. „Casinos ohne Zeitlimit“ sucht, erhält seit einiger Zeit zahlreiche Suchergebnisse. Das liegt schlichtweg daran, dass seit dem Inkrafttreten der Übergangsregelung Mitte Oktober 2020 viele Glücksspielanbieter die strengen Spielerschutzmaßnahmen bereits umsetzen. Erst vor einigen Tagen veröffentlichten wir einen Rückblick der sechsmonatigen Duldungsphase des GlüStV. Zu den neuen Spielerschutzvorschriften zählen unter anderem:

• Monatliches Einzahllimit in Höhe von 1.000 Euro pro Spieler
• Höchsteinsatz von 1 Euro pro Spin am Online-Slot
• Mindestspieldauer von 5 Sekunden  
• Verbot der Autospin-Funktion
• Verbot von Tisch- und Kartenspielen (z. B. Blackjack, Roulette)

Oftmals wird bei den entsprechenden Suchergebnissen für nicht-lizenzierte und damit illegale Glücksspielseiten geworben. Hier werden die strengen Spielerschutzmaßnahmen nicht umgesetzt und Spieler können ohne jegliche Beschränkungen aktiv sein. Natürlich gibt es aber auch Online Casinos, die zwar eine seriöse EU-Lizenz besitzen, aber die Regeln des neuen GlüStV (noch) nicht umsetzen. So manch ein Anbieter bemüht sich derzeit noch um eine deutsche Lizenz und versucht, die technischen Voraussetzungen zu schaffen, um in Zukunft ein zulässiges Spielangebot bereitstellen zu können.

Experten kritisieren 1.000 Euro-Einzahllimit

Bereits vor einem Jahr haben Prof. Dr. Gerhard Meyer und Dr. Tobias Hayer von der Bremer Fachstelle Glücksspielsucht der Universität Bremen vor dem pauschalen monatlichen Einzahllimit gewarnt. In einer entsprechenden Stellungnahme heißt es unter anderem:

„Die damit verbundene Botschaft, dass das ‚Verzocken‘ von 1.000 Euro im Monat soziale Akzeptanz erfährt, mutet unter spielsuchtpräventiven Gesichtspunkten bedenklich an. (…) Drittens bleibt nach Erreichen des Limits ein Weiterspielen abseits des legalen Online-Marktes (…) problemlos möglich, was die spielsuchtpräventive Wirkung dieses Pre-Commitment-Ansatzes deutlich reduzieren dürfte“.

Casino ohne Limit – Fluch oder Segen?

Es mag tatsächlich einige Spieler mit problematischem Spielverhalten geben, die dem Gesetzgeber für die strengen neuen Vorschriften dankbar sind. Denn gerade für Spieler mit problematischem Spielverhalten und für Spielsüchtige ist ein Casino ohne Limit zweifelsohne ein Fluch. Sie benötigen strenge Spielerschutzmaßnahmen, um die Kontrolle über ihr Spielverhalten nicht zu verlieren. Andererseits haben solche Spieler auch trotz neuem GlüStV die Möglichkeit, auf den Schwarzmarkt auszuweichen oder einfach eine stationäre Spielhalle zu besuchen. Von daher dürfte bereits das im § 1 GlüStV oberste Ziel, „das Entstehen von Glücksspielsucht und Wettsucht zu verhindern“, gefährdet sein.

Auf der anderen Seite schränkt man Spieler mit den entsprechenden finanziellen Möglichkeiten unverhältnismäßig ein. Wer nämlich einen gut bezahlten Job hat, für den sind unter Umständen mehr als 1.000 Euro pro Monat verkraftbar. Für diese (zugegebenermaßen sehr überschaubare) Spielergruppe ist ein Casino ohne Limit mit Sicherheit ein Segen.

Oberste Priorität sollte für jeden Spieler sein, dass der Anbieter seiner Wahl über eine gültige Lizenz verfügt und seriös arbeitet. Wer sich für ein Casino ohne Limit entscheidet und zunächst ohne die oben beschriebenen Spielerschutzmaßnahmen spielen möchte, der sollte sich über die erhöhte Eigenverantwortung im Klaren sein, die in diesem Fall erforderlich ist.

Fraglich ist zum jetzigen Zeitpunkt noch, ob die beliebte EU-Lizenz der Malta Gaming Authority (MGA) für deutsche Spielerinnen und Spieler auch über den Sommer 2021 hinaus relevant bleiben wird oder nur noch bei Anbietern mit deutscher Lizenz gespielt werden darf. So manch ein Anbieter hat bereits angekündigt, die neuen Schutzvorschriften nicht umzusetzen und sich vom deutschen Markt zurückziehen zu wollen.

Fazit

Die Anstrengungen aller Glücksspielanbieter zielen immer darauf ab, die Wünsche der Spieler möglichst vollumfänglich zu erfüllen. Ein Casino ohne Limit mag auf den ersten Blick zwar verlockend klingen. Doch bei genauerem Hinsehen wird klar, dass der Gesetzgeber im Grunde genommen die gefährdeten Spielerinnen und Spieler nur schützen möchte. Nichtsdestotrotz ist die Kritik am pauschalen Einzahllimit in Höhe von 1.000 Euro pro Spieler und Monat berechtigt, da zu befürchten ist, dass so manch ein Spieler auf den unregulierten Markt ausweicht. Ein Casino ohne Limit, also ohne irgendwelche Einzahl- bzw. Verlustlimits und ohne andere Beschränkungen wirkt dennoch wie ein Staat ohne Gesetze. Ein flexibles und auf den einzelnen Spieler angepasstes Regelwerk kann dabei helfen, die Akzeptanz zu erhöhen und damit letztendlich viel mehr Spieler vor einer gefährlichen Glücksspielsucht schützen.

 Quelle des Bildes: https://pixabay.com/de/photos/anmelden-anschlag-warnung-1732791/