Das einzige Casino im italienischen Glücksspielparadies in Campione d’Italia am Luganersee musste vor 3 Wochen schließen. Die Gerichtsvollzieher schlossen die Spielbank und versiegelten die Eingänge - 500 Mitarbeiter verloren den Job und die Haupteinnahmequelle der Gemeinde ist nicht mehr vorhanden.

Von den Problemen in Campione d'Italia hatte ich bereits im Januar 2018 berichtet. Das Unternehmen stand damals kurz vor dem Abgrund. Es handelt sich bei Campione d’Italia um eine italienische Enklave, die von der Schweiz umgeben ist. Das einzige Casino, welches gleichzeitig die größte Spielbank in Europa darstellte, wurde von der Stadt betrieben.

Seitdem der Euro schwächer wurde und gegenüber dem Franken an Wert verloren hat, geht das Konzept der Enklave nicht mehr auf. Das Casino hatte über Jahre alle Einsätze in Euro angenommen, musste aber Steuern in Franken zahlen, da die Stadt selbst ihre Jahresbilanz in Franken ausweist. Durch den schlechten Euro-Kurs der letzten Jahre konnte das Casino die Abgaben an die Stadt nicht mehr leisten. Ein relativ hoher Schuldenberg hat sich deshalb aufsummiert.

Ein Nebengrund war, dass Renten und Löhne durch den Wohlstand der Enklave teilweise recht hoch sind. Außerdem hatte die Arbeitsmoral bei den Casinoangestellten teilweise nachgelassen, sodass es zu relativ vielen Krankheitstagen in der Belegschaft kam, teilweise zu Feiertagen, an denen Hochkonjunktur im Casino herrschte.

Am 27. Juli war nun endgültig Schluss, das Casino musste den Spielbetrieb um 13.30 Uhr einstellen. Die Beamten des Bezirksamtes von Como hatten alle Angestellten und die Kunden aus dem Gebäude geschickt. Seitdem sind die Türen versiegelt und keiner kommt mehr herein - das größte Casino Europas ist seitdem wegen Konkurs geschlossen. Vor ungefähr einem Monat hatte ein Gericht den Bankrott des Casinos erklärt. Die Schulden der Gemeinde belaufen sich auf rund 30 Millionen Schweizer Franken (ungefähr 25 Millionen Euro) und knapp 106 Millionen Franken fehlen bei der Spielbank. Somit hat die Stadt insgesamt 140 Millionen Franken (etwa 130 Millionen Euro) Schulden, wobei einige Schweizer Städte wie Lugano bereits auf die Rückzahlung der Kredite in Höhe von 1,38 Millionen Franken (1,21 Millionen Euro) warten.

Was machen jetzt die fast 500 Casino-Angestellten?

Drei Wochen nachdem das Casino geschlossen wurde, haben die Angestellten auf dem Parkplatz des Casinos eine Zeltstadt errichtet. Kaffee und Kuchen werden geboten, teilweise kocht man wohl gemeinsam Mittag. Auf einem Banner kann übersetzt gelesen werden „SOS Campione ist Tod.“ Die ehemaligen Angestellten tragen T-Shirts mit dem Aufdruck „#salviamocampione“ (Retten wir Campione). Sie versuchen zu jederzeit, Passanten und Touristen auf das Problem aufmerksam zu machen.

Rosy Bianchi war jahrelang im Casinò Municipale als Croupier tätig und gleichzeitig Präsidentin des Betriebsrats. Sie ist der Meinung, dass es für die 700 Mitarbeiter des Casinos und rund 100 Gemeindemitarbeiter, die über die Steuereinnahmen des Casinos bezahlt wurden, sehr hart ist. Gegenüber Medienvertretern sagte sie:

Es ist ein unglaubliches Drama für uns, unsere Familien und das ganze Dorf.

Die Hoffnung, dass die Spielbank wieder nach wenigen Tagen öffnen kann, hat sich inzwischen zerschlagen. Einige Mitarbeiter arbeiten bereits seit 20 Jahren für das Casino. Viele wohnen in Tessin, haben dort Häuser gekauft und nun Hypotheken, die sie nicht mehr bedienen können. Proteste in der zuständigen Präfektur Como und im Sitz der Region Lombardei in Mailand haben keine Erfolge erzielt. Zwar wurde man stets freundlich behandelt, aber für die Probleme der Angestellten interessiere sich niemand. Eine geplante Erklärung an den Staatspräsidenten Sergio Mattarella wurden vorerst aufgeschoben, da der Brückenunfall in Genua Vorrang hatte.

Die Spielbank ist nicht zum ersten Mal geschlossen

Es ist nicht das erste Mal, dass die Spielbank geschlossen ist. Angefangen hatte der Spielbetrieb 1917, doch bereits 1919 wurde er wieder eingestellt. Erst unter Mussolini wurde das Casino wieder eröffnet und war bis 1983 aktiv. Dort musste man wiederum aufgrund einer Maffia-Affäre schließen.

Viktor Emanuel von Savoyen war der letzte Kronprinz Italiens und Sohn des letzten italienischen Königs Umberto II. Bis zur offiziellen Absetzung der Monarchie in Italien am 18. Juni 1946 war sein Vater König von Italien. Das Königshaus ging daraufhin ins Exil und lebte sowohl in Portugal als auch der Schweiz. Viktor Emanuel von Savoyen war auch eine Zeitlang in Campione tätig. Er soll unter anderem manipulierte Geldspielgeräte und Videopoker-Automaten an das Casino geliefert haben. Während der Ermittlungen 1983 wurde die Spielbank schon einmal geschlossen. Teilweise ging man auch davon aus, dass er die Vermittlung von Prostituierten an wohlhabende Gäste gewährleistet hatte.

Er kehrte mit der Familie 2002 nach Italien zurück. Ab 2006 hatte die Staatsanwaltschaft Potenza gegen ihn Ermittlungen wegen Korruption, Fälschung und Ausbeutung von Prostituierten aufgenommen. Der Bürgermeister von Campione d’Italia, Roberto Salmoiraghi, wurde während der Ermittlungen ebenfalls verhaftet.

Roberto Salmoiraghi wurde 2006 als Bürgermeister abgesetzt aufgrund der Ermittlungen gegen ihn. Er kehrte jedoch 2017 in das Amt zurück, da niemand sonst den Posten übernehmen wollte.

Schicksal von Spielbank und Gemeinde sind stark verwoben

Ohne das Casino hat die Gemeinde letztlich keine Einkünfte. Zwar ist Campione d’Italia eine Gemeinde mit 2.000 Einwohnern, viele davon sind aber Rentner und Pensionäre. Der Beamtenapparat war seit Jahren sehr aufgebläht, in der Gemeinde gab es deshalb nun Massenentlassungen. Etwa 86 von 102 Gemeindemitarbeiter mussten ihre Arbeit niederlegen, da die Gelder fehlen. Bei der Gemeindepolizei arbeiten nur noch 2 von 22 Beamten. Kindertagesstätten und das Tourismusbüro bleiben geschlossen.

Die vier Stadträte von Campione d'Italia sind am 20. August 2018 zurückgetreten. Tanina Padula, Fiorenzo Dorigo, Domenico Deceglie und Michele Canesi haben den sofortigen Rücktritt erklärt und somit den Anstoß für die Ernennung eines außerordentlichen Kommissars gegeben, der in Krisenzeiten die Leitung von Gemeinden übernehmen kann. Für sie ist es der schnellste und einfachste Weg, die Wiedereröffnung der Spielbank voranzutreiben.

Am 9. August wurde bekannt, dass der Stadtrat Experten prüfen lässt, ob es für den Umsatzausfall des Casinos rechtliche Ansprüche gegen die Gemeinde von Como stellen kann. Rechtsanwalt Massimo Fabiani, Corrado Ferriani und Marco Sica wurden damit beauftragt.

Am Donnerstag (den 23. August 2019) wird auf dem Marktplatz in Campione eine große Gala des geschlossenen Casinos (Gran galà del casinò chiuso) organisiert. Alessandra Bernasconi, Leiterin der Marketingabteilung des Casinos, wirbt für den Abend, an dem es Live-Musik und ein Essen zubereitet durch die Croupiers geben wird. Man möchte sich damit bei den Kunden, die sich solidarisch gezeigt haben, bedanken und noch einmal auf die Probleme der Stadt und Gemeinde aufmerksam machen. Es soll gezeigt werden, dass die Angestellten des Casinos noch nicht aufgeben.

Die Zukunft des Casinos bleibt ungewiss

Ohne die Spielbank läuft in Campione nichts, aber mittlerweile werden auch Alternativen diskutiert. Der Anschluss an die Schweiz wird teilweise von den Einwohnern gefordert. Ebenso gibt es Vorschläge, das Spielhallengebäude in eine Luxusklinik oder aber in teure Privatwohnungen umzufunktionieren.

Für die Angestellten sind solche Gedankenspiele keine rosigen Aussichten. Die Konkurrenz vergießt keine Träne. Das Casino von St. Moritz in der Schweiz 130 Kilometer nördlich von Campione wirbt sogar mit der Pleite des Casinos und lädt die potenziellen Besucher in den Norden zu sich ein. Die ehemaligen Croupiers sind darüber schockiert und der Meinung, dass man mit den Schicksalsschlägen anderer Menschen nicht spielen sollte.

Bildquelle: Foto - Oleg Andriychuk [CC BY 3.0], via Wikimedia Commons

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1 Kommentar zu: 3 Wochen nach der Schließung des Casinos in Campione d’Italia

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Super das ihr euch soviel mühe für artikel gebt mehr davon

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